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die Reste der ehemaligen Wagenumlaufhalle am Schacht 3 des BW Lippe in Herten Anfang 2024. Foto: Revierkohle

Auf dem Bergwerksgelände der 2008 stillgelegten Zeche Westerholt an der Egonstrasse in Herten (BW Lippe) bewegt sich seit einiger Zeit etwas. Wenn zunächst leider auch nur die Bagger. Denn die haben die Kohlenaufbereitung, die Sieberei und die Kohlenwäsche sowie einige andere Übertageanlagen fachgerecht niedergelegt. Das Gelände wird saniert und soll zu einem Mischquartier aus Wohnungen, mittelständischen Firmen, Einzelhandelsgeschäften, Gastronomiebetrieb, einem sanierten ehemaligem Vor-Ort-Bahnhof und einer Allee des Wandels umgestaltet werden. Vom Bergwerk selbst bleiben 26 Gebäude erhalten. Darunter die unter Denkmalschutz stehende altehrwürdige Kaue. So weit, so gut. 

Für die Umbauphase zwischen 2025 und 2028 werden 39 Hektar Fläche revitalisiert. Mit dem sog. 5-Standorte-Programm unterstützt die Landesregierung von NRW die vom politisch erzwungenen Kohleausstieg besonders betroffenen Kommunen mit rd. 660 Mio. EUR. Die Entwicklungsgesellschaft „Neue Zeche Westerholt“ erhält davon 61 Mio. EUR plus bereits gezahlter 1,363 Mio. Euro für eine vorausgegangene Machbarkeitsstudie. Das wird aber nicht reichen, da die Umbauarbeiten rd. 100 Mio. EUR wahrscheinlich verschlingen werden.   

Für das Geld hätte man die Zeche mit Ihren rd. 2000 Mitarbeitern (in 2005) noch etliche Jahre weiter in Betrieb halten können. Die dabei laufend entstehende Wertschöpfung für die heimische Wirtschaft, für die Nachfrage,  für die Sozialversicherung, für das Steueraufkommen und für die Versorgungssicherheit  wären u.E.n. dabei wesentlich segensreicher gewesen, als die großspurig wie immer bezeichnete „impulsgebende“ Aufhübschung des Geländes für ein paar Familien sowie einigen wenigen mittelständischen Firmen. 

Die geplante „Allee des Wandels mit Wasserwegigkeit“ stellt keine neuen Arbeitsplätze zur Verfügung und ist letztendlich nur ein weiterer Rad-und Latschweg durch eine ehemals üppig pulsierende Industriezone. Offensichtlich gehen die Macher wie auch die RAG-Montan-Immobilien GmbH schon in der Vergangenheit davon aus, das die jungen Leute mangels Arbeitsplätzen und Perspektiven das Ruhrgebiet sowieso nach und nach verlassen werden und die Alten zurückbleiben. Für die reicht die seniorengerechte Herrichtung von alten Industriewegen mit Kaffestübchen und Aldi vollkommen aus.  Die Romantiker unter ihnen können dann endlos über vergangene glorreiche Zeiten schwelgen. Ansonsten macht man auf Multikulti wie bisher. Für Schwerreiche baut man gerne auch einen eigenen Hafenanleger für die Hausboote, wie auf dem ehemaligen Bergwerksgelände Haus Aden in Bergkamen. 

Aber wir wollen es nicht nur bei Sarkasmus belassen, sondern auch ernsthaft die Frage beantworten, was genau die Entwicklungsgesellschaft „Neue Zeche Westerholt“ (ein von den Städten Herten, Gelsenkirchen und  RAG-Montan-Immobilien 2020 gegründetes Joint-Venture-Unternehmen) denn konkret meint, wenn sie bei dem Projekt von „interkommunal, klimagerecht, nachhaltig und impulsgebend“ broschürengerecht schwadroniert. 

Schacht 2 mit Defusor steht unter Denkmalschutz, Foto: Revierkohle

5 Standorte-Prgramm

Neue Zeche Westerholt Impulsgeber

Den ersten „Impuls“ setzte der Verein „Klimabündnis Gelsenkirchen-Herten e.V.“ Der von den beiden Städten gegründete Verein verfolgt die Umsetzung von Klimaschutzzielen sowie die Beratung von Projekten. Was auch immer damit gemeint sein mag. Konkret jedenfalls erhielt der Verein für die Aufhübschung der neben dem Bergwerk liegenden Zechensiedlung von den Städten 400.000 EUR. Die Landesregierung steuerte für die 279 Zechenhäuser sowie für das Torhaus noch einmal 4 Mio. Euro aus dem Städteprogramm „Energielabor Ruhr“ dazu. Jetzt nennt sich die Zechensiedlung dafür „Gartenstadt“  Dann vergibt der Verein so unglaublich wichtige Preise wie den Nachhaltigkeitspreis für „Klimahelden.“ Über diesen Blödsinn hatten wir bereits in der Vergangenheit ausführlich berichtet. (siehe >hier)  Auch die Photovoltaik-Beratung für Eigenheim-Besitzer gehört zu den Aufgaben des Vereins. Viel gibt es da allerdings nicht mehr zu beraten, da die Landesregierung alle Fördermaßnahmen wegen Haushaltsengpässen auf Null gesetzt hat. 

Einen weiteren „Impuls“ setzte die Entwicklungsgesellschaft durch die Sanierung der Torhäuser der Zeche Westerholt. In diesen Gebäuden aus dem Jahre 1955 befanden sich bis 2008 das Gesundheitshaus mit dem Heildiener,  eine Arztpraxis sowie die Sozialbetreuung. In 2023 zogen die Werbeagenturen „Marketing Rhein-Ruhr oHG“ und die „DGA Medien GmbH“ dort ein. Beide Firmen beschäftigen rd. 30 Mitarbeiter. Aber nicht, das Sie jetzt meinen, es handelte sich dabei um neue Arbeitsplätze. Das ist nicht der Fall. Die Mitarbeiter zogen lediglich von Gelsenkirchen-Buer nach Gelsenkirchen-Hassel um. Die Entwicklungsgesellschaft verzeichnete die Ansiedlung jedenfalls als ersten großen Erfolg.     

neues Grubengas-Blockheizkraftwerk auf Westerholt, Foto: Revierkohle

Worin genau dieser Erfolg liegen soll, wird nicht klar. Wir haben daher mal nachgebohrt und stießen auf einen gewissen Dipl.-Ing. Dirk Ruß. Seines Zeichens Stadtplaner und Betreiber der Website „Planungsgruppe Stadtbüro.“ Er ist offensichtlich Zuwendungsempfänger von EU-Geldern, die das Stadtteilbüro Hassel. Westerholt.Bertlich im Zuge der Sanierungsarbeiten auf BW Lippe vergibt. 

Es handelt sich dabei um Fördermittel aus dem europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE). Das Stadtteilbüro koordiniert den Gesamtprozess auf BW Lippe sowie der angrenzenden ehemaligen Kokerei Hassel, um den weiteren Abstieg der beiden Städte zu verhindern. Das riecht nicht nach Erfolg. Auch nicht das Geothermie-Projekt auf der Kokerei Hassel, da die Wärme aus 130 Metern Tiefe mit Hilfe von viel Strom fressenden Wärmepumpen heraufbefördert werden muß.   

Erfolgfreich wäre das Stadtteilbüro und die Entwicklungsgesellschaft, wenn zahlreiche Investoren auch ohne öffentliche Fördergelder Schlange stehen würden. So aber halten alle beteiligten Akteure bisher nur die Hände auf. Das ist und war bei der Sanierung ehemaliger Bergwerksflächen bisher allerdings auch nicht viel anders. 

Ändern wird sich das erst, wenn die ersten Mieter in den noch zu bauenden Häusern einziehen und die Gewerbebetriebe Steuern zahlen. Insgesamt sollen auf Westerholt dabei 1.500 neue Arbeitsplätze entstehen. Und die sollen nach 15 Jahren eine jährliche Wertschöpfung von 140 Mio. Euro erwirtschaften. Daran glaubt jedenfalls die Entwicklungsgesellschaft. 

Daran glaubte Übrigens auch die Entwicklungsgesellschaft Zeche Ewald in Herten. Von den einst rd. 4000 Beschäftigten auf Ewald/Hugo sind in der Realität seit der Stilllegung im Jahre 2000 dann gerade einmal rd. 1000 Arbeitsplätze lt. Wikipedia in 24 Jahren (!) neu entstanden. Und das sind keineswegs alles Vollzeit-arbeitsplätze, wie z.B. die angesiedelte Bäckerei Spieckermann oder der Revue-Palast auf Ewald zeigt.  Und die in 2005 angesiedelten Firmen wie das Logistikunternehmen Panopa brachten Ihre Mitarbeiter gleich mit. Das vollautomatisch arbeitende Hochregallager beschäftigt noch nicht einmal 100 Mitarbeiter. In den anderen  angesiedelten Firmen liegt die Zahl nicht höher. 

Woher also 1500 neue Arbeitsplätze auf Westertholt kommen sollen, bleibt daher schleierhaft. Wahrscheinlich wieder durch Umzug. Dann würde es sich aber nicht um neue Arbeitsplätze handeln. Und ob die Mitarbeiter genau so gut bezahlt werden, wie die ehemaligen Mitarbeiter der RAG, darf ebenfalls bezweifelt werden. Das zeigt z.B. das Durchnschnittsgehalt eines Werbeagentur-Mitarbeiters. Dieser verdient im Schnitt 32.0000,00 EUR brutto pro Jahr. Das sind 2.660,00 EUR pro Monat. (Quelle: de.talent.com) Zum Vergleich: ein Maschinenhauer u.T. verdiente im Durchschnitt 3.523,00 EUR im Monat, ein Dipl.-Ing. des Bergbaus 4.303,00 EUR brutto im Monat. ( Quelle: Gehaltsrechner.de/bergbau) 

KLIMAGERECHT - WHAT IT IS ?

Als ganz großen Klopfer bezeichnen alle beteiligten Akteure die „klimagerechte“ Sanierung des Bergwerks. Was das sein soll, erschließt sich ebenfalls nicht auf den ersten Blick. Erst wenn man einen Blick in den Sachstandsbericht zur vorausschauenden Revitalisierung bedeutsamer Bergbauflächen des Regional-verbandes Ruhr aus dem Jahre 2022 wirft, wird klar, welch Geistes Kind hinter diesem Unsinnswort steckt. Das hochsubventionierte Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt Energie gGmbH. 

Dieses Institut wird durch die Bundesregierung seit Jahren gefördert, um den durch Menschen veursachten Klimawandel „wissenschaftlich“ zu beweisen. Genau so auch das Potsdamer Institut für Klimafolgen-forschung (PIK), Agora-Energiewende, Deutsche Umwelthilfe, der Weltklimarat IPCC sowie viele andere Institute und Medien. Und ausgerechnet dieses Institut wirkt beim Energiekonzept auf Westerholt feder-führend mit. Das Wuppertal-Institut wird dabei auch gefördert durch die Mercator-Stiftung im Rahmen des sog. „Eneracts-Projekts.“ 

Die Mercator-Stiftung hat sich die Bildung, die Klimarettung und die Nachhaltigkeit auf die staatlich geförderten Fahnen geschrieben und wurde 1996 von den Metro-Erben gegründet. Seit 1996 hat die Stiftung 907 Mio. Euro in 96 Klima-und Bildungsprojekte gesteckt. Finanziert wird die Mercator-Stiftung von der Schweizer Cambiata-Stiftung, die sich ebenfalls der Klimarettung und der Bildung verschrieben hat. Da wirkt das Jahresbudget der Agora-Energiewende gGmbH mit rd.15 Mio. Euro (in 2015) geradezu ärmlich. 

Die Agora-Energiewende gGmbH wiederum arbeitet eng mit der NGO Clean-Energy Wire und der Smart Energy for Europe Platform gemütlich zusammen. (siehe >hier ) Das alles ist insofern mehr als bedenklich, als das diese NGO´s maßgeblich die Energiepolitik mitbestimmen, ohne dafür parlamentarisch legitimiert zu sein. Das gleiche gilt natürlich auch für die Lobbyvereine aus der Wirtschaft.  

Diese Hintergründe muß man  kennen, damit klar wird, das das Energiekonzept auf Westerholt eher ideologische als technisch und wirtschaftlich vernünftige Ziele verfolgt. Denn die sog. erneuerbaren Energien sind weder nachhaltig noch wirtschaftlich. Das belegen wir nun schon seit über 20 Jahren Monat für Monat. Unsere ehemaligen Bergleute haben also überhaupt keinen Grund, sich zu schämen.

Auf Westerholt soll also alles klimagerecht und nachhaltig werden. Damit meint die Entwicklungsgesell-schaft sowie die beteiligten Städte und das Land NRW, das man auf dem Bergwerksgelände die Klimaneutralität anstrebt. Energie soll C02-frei erzeugt werden. Um das sichtbar zu dokumentieren, hat man schon mal PV-Module auf dem Asphalt vor den beiden Torhäusern in den Boden hineingeklöppelt. Damit will man die Büros erleuchten. 

Für die Beheizung von Häusern der benachbarten Zechensiedlung hat man ein neues Grubengas-Blockheizkraftwerk in Betrieb genommen. Damit sollen die noch bestehenden Kohleöfen in den Häusern ersetzt werden. CO2-frei. Versteht sich. Die Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen, Katrin Welge, findet das großartig und eine erstklassige Realisierungschance.  CDU-Chef Sascha Kurt sprach vollmundig von einer riesigen Investition in die Zukunft. Man merkt: die Politiker zeigen immerhin Humor. 

Woher der Strom kommen soll, wenn in NRW weitere 15 Kohlekraftwerke ,wie geplant, abgeschaltet werden, bleibt im Dunklen. Windkraftanlagen können den Verlust ja kaum ersetzen. Und ob die nachhaltige Wasserwirtschaft auf Westerholt Modellcharakter für den Transformationsprozess besitzt, darf gleichfalls bezweifelt werden. Die Wasserwirtschaft der RAG beschäfigt derzeit gerade einmal noch 350 Mitarbeiter.

Und was die energetische Gestaltung der noch zu bauenden Häuser angeht: da werden die Handwerker nur einmalig beschäftigt. Ebenfalls mit Hilfe von Steuergeldern. Das Klima wird damit schon gar nicht gerettet. Das macht nämlich auch ohne Zutun der Menschen seit Jahrmillionen von Jahren, was es will.

Glückauf ! 

   

   

Quellenhinweise: 

Sachstandsbericht zur vorausschauenden Revitalisierung bedeutsamer Bergbauflächen, Regionalverband Ruhr, Essen 2020, S. 21 f; radioemscherlippe.de vom 18.03.2023; Klimabündnis Gelsenkirchen-Herten e.V. (www.gelsenkirchen-herten.de) (Hrsg.); Hertener-Allgemeine-Zeitung vom 04.11.2023; Neue Zeche Westerholt.de vom 18.12.2023; WAZ vom 20.12.2023; RAG-Pressemitteilung vom 19.12.2023 sowie RK-Redaktion vom 14.01.2024  

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