Zum Inhalt springen
RKLogo3

Risikomanagement Altbergbau

gesicherter Altbergbau mit Fahrte, Foto: BezReg. Arnsberg
Skizze: BezReg.Arnsberg, Abt. 6

Auf den ersten Blick ist vielen Ruhrgebietsmenschen ein kleines Loch am Wegesrand, eine Vertiefung auf einer Wiese oder ein Pingen im Waldgebiet keines Blickes wert. Aber Obacht ! Hier könnte es sich um ein nicht ungefährliches Relikt aus der Bergbauvergangenheit des vorigen Jahrhunderts handeln. Dem sogenannten Altbergbau. 

Dabei handelt es sich um untertägige Holräume von ehemaligen Grubenbauen und Tagesbrüchen längst verlassener Schächte, die aber nicht, wie heute üblich, vollständig mit Beton verfüllt wurden, sondern  mit Schotter, Erde und Bergematerial.  Dadurch kommt es immer wieder zu Einböschungen und Absackungen. 

Das Dumme daran ist, dass weder die RAG noch die Bergbehörde in Arnsberg von den rd. 21.000 vermuteten Schächten in NRW über aussagefähige Grubenrisse verfügt. Die ehemaligen Bergwerksbe-treiber gibt es nicht mehr und die Nachfolgefirma RAG kann man nur für die in ihrer aktiven Zeit verfüllten Schächte in die Verantwortung nehmen. Da diese meistens standfest verfüllt wurden, kann es daher nur selten zu Tagesbrüchen aus der Zeit des jüngeren Bergbaus kommen. Außerdem sind die Schachtstandorte mit Hinweisschildern versehen und an den Protegohauben erkennbar.  

Daher obliegt die Sicherung tagesbruchverursachender Grubenbaue aus der Zeit vor 1968 (Gründung der RAG) der Abt. 6 Bergbau und Energie in NRW, dem ehemaligen Oberbergamt. Die schwarz schraffierte Fläche auf der Skizze links zeigt den Bereich des Altberg-baus im Ruhrgebiet. Ein kleiner Teil befindet sich im ehem. Aachener Revier und im Bereich Bielefeld und Detmold.    

Risikomanagement

ALTBERGBAU WIE GEHT DAS ?

Mehrere große Tagesbruchereignisse in NRW, so z.B. in Voerde, in Essen, in Gelsenkirchen und in Hamm haben gezeigt, das von unzureichend gesicherten bergbaulichen Objekten eine Gefährdung für Leib und Leben ausgeht. Diese Tatsache hat die Bezirksregierung Arnsberg, Abt. 6 Bergbau und Energie schon 2011  veranlasst, ein Risikomanagement aufzubauen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Prävention. Das bedeutet, das man seither versucht, alle ehemaligen Schächte systematisch zu erfassen. 

Wie schon erwähnt, wird die Arbeit erheblich erschwert, da oft das Kartenmaterial über die ehemaligen Grubenbaue fehlt. Die Ursachenermittlung ist oft nicht ganz einfach, da z.B. über öffentliche Kanäle und Schächte sowie von Straßenentwässerungsmaßnahmen Erdreich ausgespült und über Kanäle und Rohrleitungen abtransportiert werden kann. Die so entstehenden Hohlräume können sich dann bis zur Geländeobergrenze fortsetzen und dort zu Tagesbrüchen und Absackungen im Straßenbereich führen. Dann ist die Abt. 6 nicht zuständig, weil diese Hohlräume nicht durch den Altbergbau verursacht wurden. 

 

Tagesbruch, Foto: BezReg. Arnsberg
Tagesbuch auf einer Wiese, Foto: BezReg. Arnsberg

Um etwas mehr Klarheit über die Auswirkungen des Altbergbaus auf die Tagesoberfläche sowie die damit einhergehenden Gefährdungen der Grubenwasserstandsänderungen zu bekommen, hat die Bezirksregierung in Arnsberg 2020 ein Gutachten in Auftrag gegeben.

Das geotechnische Markscheide-Büro von Dr. Ing. Michael Clostermann aus Dortmund kommt in dem 306 seitenstarken  Gutachten zu dem Ergebnis, das Systemberechnungs-modelle für Strecken und Abbaue in ehemaligen Flözlagerstätten gezeigt haben, dass ein Einfallen von 20 Gon bei einer Felsüberlagerung von wenigstens der vierfachen Abbaumächtigkeit keine Beeinträchtigung der kohäsionslosen Lockermassenüberdeckung auftritt. 

Allerdings weist das Gutachten auch darauf  hin, das Spannungsänderungen in neu gefluteten Hohlräumen in Folge von Reibungsverlusten grundsätzlich auch zu Bodenbewegungen in Grubenbauen des Altbergbaus auftreten können. Das kann im Bereich tektonischer Störungen an der Tagesoberfläche Auswirkungen auf die Standsicherheit haben. 

Das Gutachten lässt sich dann in einwand-freiem Ingenieursdeutsch seitenlang darüber aus, wie man mit den kohäsionslosen Lockerungsmassen umgehen sollte. 

Ziel der Verfüllung von Altschächten ist es, offene Hohlräume standfest und dauerhaft zu verschließen. Die instabilen Altschächte werden mit einer Beton-Füllsäule verschlossen.  Allerdings kann die Füllsäule durch den Anstieg des Grubenwasserspiegels auf Dauer durchaus wieder instabil werden.

Die Füllsäule würde sich langsam in schwere Flüssigkeit umwandeln, so das es zu einem schlagartigen Versagen der Schachtfüllung kommen kann, so der Gutachter. Daher bemühen sich die beauftragten Spezialfirmen, alle gefundenen Altschächte bis zur Tages-oberfläche mit hydraulisch erhärtendem, auf Dauer verformungs-und erosionsstabilem Füll-gut zu verschließen. 

Die Grubenwasserleitwarte auf der ehem. Schachtanlage Pluto in Herne überwacht seit 2018 Tag und Nacht die Grubenwasserstände, um das Trinkwasser zu schützen.     

Aber auch im Erzgebirge bereitet  der Altbergbau aus dem 16. und 17. Jahrhundert der Bergbehörde immer noch viel Arbeit. Der Erzbergbau machte die Region nicht nur reich, sondern brachte auch bergbautypische Folgen mit sich. Erst 2021  haben Mitarbeiter der Bergsicherung in Schneeberg an der kleinen Kirchgasse einen Schacht entdeckt, der seit 2022 beräumt, gesichert und mit Beton verfüllt wird. 

Doch die unterirdische Suche geht weiter. In der Magazingasse 12 fand man ein Gangkreuz mit 30 Metern Tiefe. Auch in Klosterberg wird beräumt und gesichert. Die Arbeiten im Erzgebirge dauern immer sehr lange, weil in den engen Hohlräumen nur 2 bis 3 Mann arbeiten können. Außerdem muß Material heran-und abtransportiert werden. Das geschieht meistens alles händisch wie zu Urzeiten. 

Für die Suche und Sicherung von Altberg-bauschächten in der Schneeberger Innenstadt hat der Freistaat Sachsen seit 2014 rd. 3,6 Mio. EUR investiert. Auch die TU Clausthal in Zellernfeld beschäftigt sich seit 2016 mit dem Problem des Altbergbaus.    

Quellenhinweise: 

TU-Clausthal.de vom 10.11.2016; Clostermann, Michael; Einwirkungsrelevanz des Altbergbaus, Bemessung von Einwirkungs-und Gefährdungsbereichen und Einfluss von Grubenwasserstands-änderungen, gutachterliche Stellungnahme im Auftrag der BezReg. Arnsberg vom 23.06.2020; Pressemitteilung der BezReg. Arnsberg, Abt. 6 Bergbau und Energie in NRW (bra.nrw.de); inherne.de vom 09.05.2018; ikt.de (Tagesbrüche, Absackungen. Hohlräume) o.J.; Freie Presse vom 15.07.2021 sowie RK-Redaktion vom 14.03.2023

Fotonachweis: 

Header: Montage: Revierkohle  

Diesen Beitrag teilen
Translate »