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RAG: Kündigung von Bergleuten unwirksam

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weitere Verfahren

Arbeitsgericht Gelsenkirchen

soziale Rechtfertigung konnte nicht dargelegt werden

Hat die RAG daher einen Grund, sich für die ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigungen zu schämen, da sie über Jahrzehnte lang behauptet hat, dass Niemand ins Bergfreie fallen würde ? 

Wenn man der Urteilsbegründung zu  2 Ca 953/19 folgt, könnte man diesen Eindruck bekommen. Die RAG hatte die Kündigung-en von rd. 150 Bergleuten mit einem Interessensausgleich vom 29.1.2019 unter Vorlage einer Kündigungsliste begründet, da die letzte Zeche im Revier zum 31.12. 2018 stillgelegt wurde und die  Bergleute angebotene Alternativlösungen ablehnten. Die 2. Kammer des Arbeitsgerichtes in Gelsenkirchen zweifelte aber daran, ob der Interessenausgleich auch tatsächlich stattgefunden hat. Die Kläger wiesen da-rauf hin, dass es auch noch nach der Still-legung Arbeit auf dem Bergwerk geben würde und das dafür Zeitarbeiter extra ein-gestellt wurden. Auch konnte die RAG den Verbleib von 468 Arbeitnehmern, die in der vorgelegten Kündigungsliste nicht auf-tauchten, nicht hinreichend erklären. 

Und so kam es, das der Vorsitzende Richter Kröner zunächst 13 Kündigungen für unwirksam erklärte, da weder der Ge-samtbetriebsrat in den Interessenaus-gleich eingebunden noch eine Sozialaus-wahl bei der Versetzung in weitergeführte Betriebe vorgenommen wurde.   Allerdings wurde die RAG nicht verpflichtet, die Kläg-er vorübergehend weiter zu beschäftigen. 134 weitere Verfahren stehen noch an und sollen bis zum 23.03. 2020 abgeschlossen werden.

Die RAG betonte, dass den  Bergleuten, die nicht APG-Berechtigt waren ( APG= An-passungsgeld für Bergleute),  bis Ende 2019 intern die Möglichkeit eingeräumt wurde, einer Transfergesellschaft beizu-treten und sich bis Ende 2020 bei vollem Lohn   für den externen Arbeitsmarkt weit-er zu qualifizieren.

Die Kläger hatten den Wechsel in die Transfergesellschaft abgelehnt und damit begründet, dass dies eine Schlechterstell-ung bedeutet hätte. Angebotene Alternativ arbeitsplätze seien nicht gleichwertig und die Bezahlung wesentlich schlechter gewesen.  Einige Bergleute hätten über-haupt kein Angebot erhalten.

Das Bundesarbeitsgericht hatte bereits in  2018 entschieden, dass kein Mitarbeiter gegen seinen Willen in die Transfergesell-schaft „M.E.C.“ (Mitarbeiter-Entwicklungs-Center) vermittelt werden darf. Außerdem hatte das BAG den Tarifvertrag zur sozial-verträglichen Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus für nichtig erklärt.  

Prosper-Haniel, Schacht Franz in Bottrop, Foto: RK

Die RAG hatte erstmals  in Ihrer über 50 jährigen Geschichte Anfang 2019  200 Berg-leuten aufgrund des Komplettauslaufs des deutschen Steinkohlenbergbaus gekündigt. Von den ehemals über 600.000 Bergleuten wurde bis dahin „Niemand ins Bergfreie“ entlassen. Auf diesen Grundsatz hatten sich auch die Kläger berufen. Das Gericht wies aber darauf hin, dass daraus kein Rechts-anspruch abgeleitet werden könnte.

Politisch bleibt es spannend. Weder die SPD noch die IGBCE haben sich auf die Seite der Bergleute gestellt. Dafür aber die ehemalig-en Kantinenfrauen des Bergwerks Prosper-Haniel.

Nutzen wird es hingegen kaum etwas, denn die Schächte 9 und 10 des Bergwerks sind mittlerweile verfüllt. Nur noch wenige Mit-arbeiter sind mit den letzten Rückbau-arbeiten am Schacht Franz beschäftigt. Den Abriss der Übertageanlagen werden Fremd-firmen vornehmen. Das war auch bei ander-en Zechenschließungen so. Die derzeit noch laufenden Arbeiten werden von Fremdfirm-en vorgenommen, da es sich um Spezial-aufgaben handelt, die auch in der Vergang-enheit immer schon von Fremdfirmen er-ledigt wurden. Die gekündigten Bergleute könnten daher auch nicht vorübergehend weiter beschäftigt werden, so die RAG.  

Am Ende des Tages wird es wie in den meisten Kündigungsschutz-Klageverfahren um eine Abfindung gehen. Lediglich über die Höhe dürfte dann noch gestritten werd-en. Die Verantwortung für den unverant-wortlichen Auslauf des Deutschen Stein-kohlenbergbaus hat im Übrigen nicht die RAG zu vertreten, sondern die Politik. 

Prosper-Haniel, Schacht 10 in Bottrop-Kirchhellen, mittlerweile verfüllt, Foto: Revierkohle

Quellenhinweise:

Arbeitsgericht Gelsenkirchen, Pressemitteil-ungen 5.19 und 1.20 vom 26.1.2020; Urteil 2 Ca 953/19 vom 27.11.2019; Focus.de vom 28.01.2020; WDR vom 11.6.2019; t-on-line.de vom 28.01.2020; Westfalen Nach-richten vom 28.01.2020; Welt.de vom 28.01. 2020; Kanzlei Kuhlmann.de, Datteln und RK-Redaktion vom 17.02.2020

Bergleute der letzten Zeche demonstrierten vor dem Arbeitsgericht in Gelsenkirchen gegen ihre Entlassung, Foto: WDR vom 10.6.2019
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