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Klimawandel: klimaneutral mit Kern-und Gaskraftwerken ?

Gaskraftwerkszenario

Atomkraftwerkszenario

Nun scheint es offensichtlich wohl auch der EU zu dämmern, dass eine gesicherte Energie-und Wärmeversorgung mit regenerativen Energieträgern bis 2050 ( in D sogar schon bis 2030) allein nicht zu schaffen ist. Flugs will die EU-Kommission Atom-und Gaskraftwerke als klimafreundlich und nach-haltig einstufen. Sehr zum Ärger der Grünen. Sie befürchten einen Rückschritt in Sachen Windkraftausbau. Uns  soll es recht sein.

Bevor es zu flächendeckenden und rollierenden Stromabschaltungen auf-grund der Stilllegung von AKW´s und Kohlekraftwerken kommt, will die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit einer neuen Taxonomie-verordnung  das Ruder herumreißen. Wir haben allerdings Zweifel daran, ob das gelingt.

Denn es gibt zur Zeit keinen Investor, der das Risiko für den Bau neuer Gas-kraftwerke eingehen möchte. Der Grund ist einfach: sowohl die EU als auch die Bundesregierung sehen die fossilen Gaskraftwerke als Übergangslösung bis zur Realisierung einer Großspeichertechnologie für regenerative Energie-träger.

Dann sollen die Gaskraftwerke mit grünem Wasserstoff bzw. mit grünem Methan umgerüstet werden. (Stichwort: Power to Gas) Das alles ist mit enormen Kosten verbunden. Schließlich sollen bis 2030  60 neue Gaskraft-werke aus dem Boden gestampft werden. Das ist schon allein zeitlich wegen den Vorplanungen und Genehmigungsverfahren nicht zu schaffen. Hinzu kommt eine Bauzeit von rd. 3 Jahren für ein Gaskraftwerk und die dazuge-hörenden Gasleitungen. Wenn diese noch nicht da sind, muß erst ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden. Das kennen wir aus unserem Bereich. Wir wissen daher, dass das Jahre dauern kann bis zur Genehmigung.

Hinzu kommt das Lieferproblem. Es gibt nur noch wenige Hersteller von Gas-kraftwerken. Und diese haben in den letzten Jahren ihre Kapazitäten deutlich  heruntergefahren.

Und mit Sicherheit erwarten die Investoren vorab eine Entschädigung im Falle einer vorzeitigen Abschaltung vor Erreichen der Betriebslaufzeit. Denn so ein Gas-und Dampfturbinenkraftwerk kostet zwischen 600 Mio. und 1 Mrd. EUR. Hinzu kommen die Projektentwicklungskosten.  Das Ergebnis wird wahr-scheinlich sein, dass die Bundesregierung den Bau und den Unterhalt von neuen GuD-Kraftwerken über 10 Jahre subventionieren wird. Das werden die Grünen wahrscheinlich nicht mittragen. Frau Luisa Neubauer von FFF hat schon den sofortigen Stopp neuer Erdgasprojekte gefordert.

Sollte notgedrungen der Bau von neuen Gaskraftwerken doch Reaität werden, hätte das für die Verbraucher/innen zur Folge, dass die Stromkosten noch weiter steigen würden. Denn der Gaspreis pro kWh ist viermal so hoch wie für Braunkohle. 

Kernkraftwerke sollen als „grün“ eingestuft werden, wenn sie technisch dem neuesten Stand entsprechen und wenn bis 2050 ein Plan zum Betrieb einer Entsorgungsanlage für hoch radioaktive Abfälle vorgelegt wird.

Das Ansinnen klingt schon mehr als komisch. Denn bis heute wurde kein Endlager gefunden, dass die hochradioaktiven Brennstäbe aus den AKW´s sicher für Hunderte von Jahren aufnehmen könnte. Und nun soll in kürzester Zeit eine Entsorgungsanlage gebaut werden, die dazu in der Lage ist ? Wir halten das für zweifelhaft.

Wenn die am 31.12.2021 stillgelegten Atomkraftwerke Brokdorf ( 1480 MW), Grohnde (1430 MW) und Grundremmingen (2988 MW) aufgrund ihres Alters  (1967, 1985 und 1986) nicht dem neuesten Stand der Technik entsprachen, dann bedeutet das, dass neue AKW´s gebaut werden müssen. Hierzu bedarf es einer noch längeren Planungszeit als bei Gaskraftwerken und einer politischen Mehrheit. Da diese schwankt, benötigen die Investoren Sicherheit in Form von Geld. Viel Geld. Von Frankreich abgesehen, wird die Taxono-mieverordnung  in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union daher kritisch gesehen.

Mit der Taxonomieverordnung will man auf biegen und brechen den Green-Deal umsetzen, um bis 2050 klimaneutral zu werden. Da AKW´s keine CO2-Emissionen erzeugen, sollen diese daher als nachhaltig und grün deklariert werden. 

 

 

Gaskraftwerk Bernburg, Foto: Apde, GNU-CC-BY-SA.30.2.5, 2.0.1.0 wikimedia commons
Funktionsweise eines GuD-Kraftwerkes, Illustration: Oldracoon, CC-Lizenz BY-SA 3.0 creative commons ohne Veränderung

Funktionsweise eines Gaskraftwerks

Ein Gaskraftwerk ist im Prinzip eine große Flugzeugturbine, in die Erdgas eingedüst und verbrannt wird. Dabei wird die im Gas enthaltene Energie in elektrische Energie umgewandelt. Die Turbine treibt einen Generator an, der Strom produziert. Bei der Verbrennung des Erdgases wird fast genau so viel CO2 freigesetzt wie bei einem Kohlekraftwerk. Der Wirkungsgrad liegt bei rd. 38-39 %.

Wenn die 1500 Grad heißen Abgase der Turbine zusätzlich in einen weiteren Kessel eingeleitet wird, um Dampf zu erzeugen, dann kann mit mit Hilfe einer Dampfturbine nochmals Strom erzeugen. Dabei steigt der Wirkungsgrad dann auf rd. 60 % und es wird rd. 30 % weniger CO2 ausgestoßen. Diese Anlagen nennen sich daher Gas-und Dampfturbin-enkraftwerke (GuD). In Deutschland gibt es derzeit 70 GuD-Kraftwerke. Nur ein neues GuD-Kraftwerk wird in 2022 in Herne ans Netz gehen. (Betreiber: steag) 

Moderne Gaskraftwerke erbringen eine durchschnittliche Leistung von 400 bis 800 MW je Blockeinheit. Ein Steinkohlekraftwerk erbringt dagegen eine Durchschnittsleistung von 1000 MW.  

it is not a perfect energy world warum Erdgas ein schlechter Ersatz für Kohle ist

Zunächst sei auf die hohe Abhängigkeit hingewiesen, in die sich Deutschland begibt, wenn nur noch Gaskraftwerke die Grundlast sichern sollen. Gaskraftwerke wurden bisher aufgrund des geringeren Wirkungsgrades und des hohen Gaspreises aus-schließlich eingesetzt, um Spitzenlasten abzudecken.

Ein weiterer Nachteil ist die Tatsache, das beim Transport des Erdgases von den Gasfeldern aus Norwegen, Russland und den USA  über Pipelines bis zu den Gaskraftwerken einiges an dem Rohstoff durch Leckagen verloren geht. Der wissenschaftliche  Dienst des Deutschen Bundestages beziffert die Leckagerate über die russischen Gasleitungen auf 3 bis 4,5 % und aus den USA-Gasleitungen auf bis zu 11, 7 %. Bei rd. 95 Mrd. Kubimeter Gasimporten pro Jahr ist das ein erheblicher Verlust. Hinzu kommt, dass das Gas in  Amerika hauptsächlich über das sog. Fracking-Verfahren gewonnen wird.  Ein Ersatz durch synthetisch-es Gas per Elektrolyse aus regenerativen Energieträgern ist sehr viel teurer und noch lange nicht marktfähig.  Bei rd. 95 Mrd. Kubikmeter Gasimporten pro Jahr ist das also ein erheblicher Verlust.

Hauptbestandteil des Erdgases ist Methan. Im Gegensatz zu CO2 ist dieses Gas geeignet, einen Beitrag zur Klimaerwärmung zu liefern. Bei CO2 ist das unklar. Daher trägt der Neubau von Gas-kraftwerken nach einer Studie der Energy Watch Group (EWG) nichts zum Klimaschutz bei. Zum gleichen Ergebnis kommen mehrere Studien der Cornell University und des California Institute for Technology (Caltech) aus den USA. Die Niederlande wollen daher die Gasförderung aufgeben.

Erdgas (L-Gas) hat zwar einen etwas höheren Heizwert als Stein-kohle ( L-Gas: 32 Megajoule/kg; H-Gas: 45 Mj/kg; Steinkohle: 29,3 Mj/kg), dafür lässt sich Kohle aber besser transportieren und preiswert verlustfrei lagern. Der Lagerstättenzugang ist aus-reichend und weltweit verfügbar. Das reduziert die Abhängigkeit.    

Quellenhinweise:

Süddeutsche Zeitung vom 30.10.2019; wingas.com (95 Mrd.Kubikmeter-Gasimporte); N.N.: Erdgasverluste bei der Erdgaslieferung, wissenschaftl. Dienst des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Abt. WD8  vom 1.12.2014, Berlin 2016; Handelsblatt vom 31.7.2018; Der Spiegel vom 1.1.2022; Deutschlandfunk vom 31.12.2021 und 03.01.2022; Redaktionsnetzwerk Deutschland (rnd.de) vom 27.12.2021; Handelsblatt vom 03.11.2021; achgut.com vom 08.11.2021; WDR 5 vom 04.01.2022 sowie RK-Redaktion vom 14.01.2022

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Header: Wolfgang Claussen, pixabay.com

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