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HeidelbergCement: CO2-Verpressung im industriellen Maßstab beschlossen

Todgesagte leben bekanntlich länger. Das gilt offensichtlich auch für das in Deutschland nicht mehr weiter verfolgte Capter and Carbon-Storage-Verfahren zur Abscheidung von Kohlenstoffdioxid in Rauchgasen. Kurz CCS genannt. Wir hatten in unseren Jahrbüchern über dieses Verfahren bereits mehrfach berichtet. Dennoch wird mit der Speicherung von CO2 weiter experimentiert

Die HeidelbergCement Group will die Abscheidung von 400.000 T C02 nunmehr im großindstriellen Maßstab umsetzen. Da die Angelegenheit nicht ganz billig ist, hat das norwegische Parlament bereits 2020 großzügig Investitionshilfen für dieses Megaprojekt zugesagt. Mit der Abscheidung soll im Werk Brevik 2024 begonnen werden. Ziel ist es, die CO2-Emissionen um 50 % zu senken. HeidelbergCement verfolgt allerdings auch den irrigen Plan, bis 2050 den produzierten Zement klimaneutral herstellen zu wollen. Wie das an den über 3.000 Standorten in 50 Ländern gelingen soll, verriet General-manager Giv Brantenberg allerdings nicht. Jedenfalls freut sich das Unter-nehmen auf den staatlichen Geldsegen. Norwegen finanziert die CCS-Technologie im Rahmen des sog. Klima-Investitionsprojekts „Longship.“   

CO2-Abscheidung und Verpressung

zurück in die Tiefe ein gangbarer Weg ?

Mit Hilfe der CO2-Abscheidetechnik soll das bei der Zement-herstellung entstehende Spurengas in entleerten norwegi-schen Öl-und Gaslagerstätten tief unter der Erde auf lange Sicht gespeichert werden. In anderen Ländern erprobt man die CO2-Verpressung in sog. salinen Aquiferen. Dabei handelt es sich um poröse und undurchlässige geologische Gesteinsformationen, die mit salzhaltigem Wasser gefüllt sind. Als Vorbild dienen die Ozeane. In den Ozeanen wird CO2 zu über 50 % auf natürliche Weise durch den Partial-druck in der Luft gespeichert.  Einige Leute glauben, das man mit Hilfe der CCS-Technologie das Pariser Klimaziel von unter 2 Grad plus doch noch bis 2050 erreichen kann, um eine drohende Klimakrise ( die es übrigens nur in Simula-tionsberechnungen am PC gibt!) abzuwenden.

Würde man das C02 in deutschen Kraftwerken zu 90 % vor der Verbrennung mit Hilfe der CCS-Technik abscheiden, müßte man mit einem Effizienzverlust von 11 bis 15 % rechnen. Der Wirkungsgrad würde sich auf rd. 30 % absenk-en. Gleichzeitig müßte man für diesen Prozess ein Drittel mehr an Kohle verfeuern. Aus diesem Grund hat man auf den Einbau dieser Technik in deutschen Kraftwerken ver-zichtet.

Für den Heidelberger Cement-Vorstand stand offensichtlich als Anschau-ungsprojekt das Sleipner-Gasfeld in Norwegen Pate. 1996 hatte dort der Energiekonzern Statoil damit begonnen, mit Hilfe der CCS-Technik rd. 1 Mio. Tonnen CO2 in die Gesteinsformationen des Gasfeldes zu pressen, um die hohen CO2-Steuern zu vermeiden. Wie die nebenstehende Grafik zeigt, ist dieses Verfahren nicht ganz ungefährlich, weil Leckagen und Gesteins-schichtverschiebungen  auftreten können. Wenn die Verpressung über ein Rohr erfolgt, welches durch eine trinkwasserführende Schicht führt, wäre eine Diffusion durch poröses Gestein nicht ganz so gesund für die Bevölkerung. Auch könnte Salzwasser aufsteigen und das Trinkwasser verunreinigen.

Aus diesem Grund darf zum Beispiel auch das Grubenwasser nicht bis zu den trinkwasserführenden Schichten aufsteigen und muß abgepumpt werden. Während die Grubenwasserleitwarte der RAG die Wasserprovinzen in den ehemalige Grubenfeldern Tag und Nacht überwacht, existiert eine solche Überwachungstechnik für CO2-Speicherstätten noch nicht.  

CO2 IN STEIN VERWANDELN - EINE ANDERE ALTERNATIVE ?

In Island testen Ingenieure der Fa. Startup Climeworks in Zusamm-enarbeit mit den Firmen Carbfix und ON Power den Auffang des CO2 aus der Luft mit Hilfe spezieller Großventilaltoren,  die in der Lage sein sollen, das Spurengas aufzufangen und über Steigrohre in das unterirdische Basaltgestein am Fuße des Vulkanmassivs Hengill zu verpressen.  

Sobald die Filter voll sind, werden diese auf 100 Grad erhitzt. Dabei entsteht reines Gas, welches dann über eine 3 Kilometer lange Strecke unterirdisch über eine Pipeline transport wird. Sodann wird das Gas in Wasser gelöst und unter hohem Druck 800 bis 2000 Meter tief in das Basaltgestein hineingepresst. Dort reagiert das CO2 mit dem im Basalt-stein enthaltenem Kalzium, Magnesium und Eisen und verfestigt sich im Laufe von rd. 2 Jahren in den Hohlräumen zu weißem Kalkkristall. Diese Methode ahmt den natürlichen Prozess der Mineralisierung nach, der normalerweise Hunderttausende von Jahren dauert, so der Schweizer Ingenieur Lukas Kaufmann, Projektleiter von Climeworks. 

Das hört sich vielversprechend an, weil es eine sichere Art der Kohlenstoffdioxidspeicherung zu sein scheint. Denn das so verpresste CO2 könnte nur dann wieder in die Atmosphäre gelangen, wenn das Gestein erhitzt wird. Das wäre z.B. bei einem Vulkanausbruch der Fall, so Prof.Dr. Didier Dalmazzone vom Institut für Chemieingenieurwesen an der FH Ensta in Paris.

Leider kann die Island-Anlage „ORCA“ (siehe obigen Videoclip) nur maxi-mal 4000 Tonnen CO2  pro Jahr auf diese Weise auffangen. Das ist an-gesichts von 34,6 Mrd. Tonnen, die weltweit jährlich produziert werden, sehr wenig. Und billig ist die Sache auch nicht. Die Orca-Auffanganlage hat allein rd.13 Mio. EUR gekostet. Aber dafür ist die  isländische Anlage  in der Lage, CO2-Emissionen auch aus Flugzeugen, Autos und Schiffen aufzufangen.

Sollte sich wissenschaftlich noch belegen lassen, dass CO2 tatsächlich für die Erderwärmung verantwortlich zeichnet, dann bildet dieses Ver-fahren sicherlich einen hoffnungsvollen Ansatz, um das angebliche Problem zu lösen. Man darf dabei aber nicht die Verhältnismäßigkeit aus den Augen verlieren. Denn mit 0,041 % Anteil macht das CO2 nur einen winzigen Teil in der Luft aus. 

Quellenhinweise:

n-tv.de vom 04.11.2021; Deutschlandfunk vom 05.10.2020; Greenpace.de vom 09.02.2011; Mahnke, Eva: CO2-Verpressung: Probleme aus der Tiefe, in: Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.) Berlin 2.10.2015 ; Pressemitteilung HeidelbergCement vom 15.12.2020 sowie RK-Redaktion vom 14.12.2021

Fotonachweise:

Screenshots, alle Youtube;  Bauarbeiter auf dem Bauhof (oben rechts): Jason Goh, pixabay.com

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