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Grubenwasser Ibbenbüren: Anstieg unverantwortlich ?

druckloser Abfluss ab 2023 in die Hörsteler Aa bei Mettingen wird immer noch kritisiert

druckloser Anstieg des Grubenwassers nach Einstellung der Grubenwasserhaltung auf Anthrazit Ibbenbüren- Illustration: RAG

Kaum hatte die RAG im Juli 2020 in Ibbenbüren ihr Grubenwasser-konzept für Ibbenbüren, Mettingen, Westerkappeln und für den Hörstelener Raum vorgestellt, da hagelte es auch schon Proteste. Unter anderem von der Arbeitsgemeinschaft Grubenwasser, Bürgerinitiative Bergbaubetroffener (BBI), den Grünen im Umwelt-ausschuss und der FDP.

Grund: die RAG will das Grubenwasser auf der 2018 stillgelegten Schachtanlage Anthrazit Ibbenbüren im ehemaligen Ostfeld auf 63 Meter über NN ansteigen lassen, um das Grubenwasser drucklos über einen neuen Grubenwasserkanal in die Ibbenbürener Aa bis zur neuen Kläranlage Gravenhorst und von dort aus in die Ems abfließen zu lassen. Das Grubenwasser wird nach einer Behandlung mit Kalkmilch in sechs Absetzteiche geleitet. 

Der Vorteil des kontrollierten Grubenwasseranstiegs sowie der drucklosen Weiterleitung ergibt sich aus Sicht der RAG aus dem Verzicht von Pumparbeiten. Die bis vor kurzem noch in Betrieb befindlichen Kreiselpumpen unter Tage an den Standorten Nord-schacht und von-Oeynhausen-Schacht verbrauchten aufgrund der Wassermengen soviel Strom, wie rd. 12.900 Haushalte im Monat verbrauchen.

Die RAG listet weitere Vorteile auf: eine erhebliche Verringerung von Salzfrachten, Entlastung der Gewässer, Reduzierung von PCB-Schwebstoffen, Konzentration am Aufbereitungsstandort Graven-horst. Die Auswirkungen des Anstiegs auf das Grund- und Trinkwasser werden gutachterlich ständig geprüft. Negative Auswirkungen auf das Grundwasser sind nach Ansicht der RAG nicht zu befürchten, da keine Verbindung zwischen der Trinkwassergewinnung und dem Grubenwasser besteht.

Entnahme einer Grubenwasserprobe am Klärteich Püsselbüren durch das LANUV, Foto: Claus Kossag, LANUV
Schwebstoffsammelkasten
Schwebstoff-Auffanggeräte an Grubenwassereinleitstellen in Ibbenbüren, Illustration: LANUV
Schwebstoffsammelkasten

Das hat auch das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur-und Verbraucherschutz NRW in einem Bericht zur Pilotanlage  PCB-Elimination vom 26.3.2020 an den Unterausschuss Bergbau-sicherheit des Landtags von NRW bestätigt.

In der mobilen PCB-Pilotanlage in Püsselbüren am Klärteich Ibben-büren-Ost wurden 9 Monate lang mit Hilfe einer sog. Festbett-Tief-enfiltration PCB-Schwebpartikel aus dem Grubenwasser entfernt. Die gemessene PCB-Konzentration am Standort Ibbenbüren ergab eine Eliminierung von 98 %. Die Feststoffanteile im Grubenwasser konnten durch die Versuchsanlage ausweislich der Trübungs-messung weitgehend entfernt werden, so die Erkenntnisse der eingesetzten Expertengruppe.

Im April 2020 hat daher die Abtl. 6 Bergbau und Energie in NRW der Bezirksregierung Arnsberg im Rahmen des Abschlussbetriebs-planes für die Zeche Anthrazit-Ibbenbüren den Grubenwasser-anstieg von + 55 mNN auf + 63 m mNN unter der aufschiebenden Bedingung genehmigt, dass der neue Grubenwasserkanal zum Standort Gravenhorst betriebsbereit fertiggestellt wird und eine wasserrechtliche Erlaubnis vorliegt. 

 

Kritiker des geplanten Grubenwasseranstiegs: Peter Lehnert, Bürgermeister der Gemeinde Nalbach, Foto: Thomas Seeber, Veränderung: Revierkohle

Quellenhinweise:

Schreiben des Ministeriums für Umwelt, Land-wirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW an den Vorsitzenden des Unter-ausschusses Bergbausicherheit des Landtags NRW, Frank Sundermann MdL vom 26.03.2020; Pressemitteilung der RAG-Anthrazit-Ibbenbür-en GmbH i.A. ohne Datumsangabe;  Schreiben der Bezirksregierung Arnsberg, Abtl. 6 Bergbau und Energien in NRW an die RAG Anthrazit Ibbenbüren GmbH i.A. vom 03.04.2020; Osna-brücker Zeitung vom 17.06.2016;  Westfälische Nachrichten vom 30.07.2020 sowie RK-Redaktion vom 13.10. 2020

Fotonachweise:

PCB-Pilotanlage (Mitte): Volker, Panorama-Montage und Veränderung: Revierkohle

PCB-Problem Menge unbekannt

Trotz der geringen Gefahr, dass das Grubenwasser mit dem Trink-oder Grundwasser in Berührung kommen könnte, sorgen sich die Bürgerinnen und Bürger sowie Kommunalpolitiker trotzdem. Und das hat wohl mit einer Anfrage des CDU-Land-und Kreistags-abgeordneten Wilfried Grunendahl zu tun. Der hatte den seinerzeit noch zu-ständigen Beamten bei der Abteilung 6 Bergbau und Energie, Werner Grigo, gefragt, ob er wüßte, welche Mengen an PCP-haltigen Stoffen früher unter Tage verklappt wurden. Das sei nicht nachvollziehbar, erklärte Grigo, der 2019 zur RAG wechselte und dort wiederum für die Grubenwasseran-träge zuständig ist. Erst in den 80er Jahren wurde der Einsatz von schwer entflammbaren PCB-haltigen Hydrau-likölen unter Tage verboten.

Der Bürgermeister der Gemeinde Nal-bach, Peter Lehnert, hält die Gruben-flutung daher für unverantwortlich, weil die Risiken zu hoch seien.

Er begründet seine ablehnende Halt-ung damit, dass die Risiken eben nicht umfassend bewertet wurden und das die vorgelegten Gutachten zahlreiche Ungereimheiten aufweisen würden.

Auch sind die Gefahren des Gruben-wasseranstiegs an Immobilien und auf die Hausbrunnen sowie die Land-wirtschaft nicht hinreichend ge-würdigt worden. Die Gutachter für den Abschlussbetriebsplan sowie für das Grubenwasserkonzept seien darüber hinaus von der RAG ausgesucht word-en. Notwendig wäre aber eine unab-hängige Expertise, so Lehnert. Die Grünen halten der RAG vor, dass sie nur ökonomische Vorteile beachten würden. 

Noch Mitte 2018 hatte das Landes-amt für Natur, Umwelt und Verbrauch-erschutz (LANUV)  in Püsselbüren hinter den Klärteichen eine zwei bis dreifach erhöhte PCB-Konzentration im Grubenwasser gemessen.

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