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Green-Cleantech: kommt der Schwerkraftspeicher ?

Hubspeicherkraftwerk der Schweizer Firma Energy Vault, Foto: Caumasee, CC-BY-SA-4.0, www.wikimedia-commons.de; Freistellung: Revierkohle

wirklich alles clean ?

Schwerkraftspeicher ? What is that? Die Schwerkraft soll genutzt werden, um Energie zu speichern? Das haben sich jedenfalls zwei junge start-ups auf die Fahnen geschrieben. 

Eines der Hauptprobleme des Windstroms ist die fehlende Speicher-möglichkeit. Sieht man einmal von der kurzfristigen Speichermöglichkeit über den verlustreichen Energieträger Wasserstoff und der Lithium-Ionen-Batteriespeicherung ab, bleibt es bei volativer Energie. 

Das bedeutet, das der Strom aus Wind-und Solaranlagen ständig schwankt. Daher müssen diese Schwankungen durch Grundlastkraft-werke (Gas, Kohle, Wasserkraft)  ausgeglichen werden. In Flautezeiten, die fast jeden Monat vorkommen, liefern die Anlagen gar keinen Strom. 

Oder aber, wenn der Wind kräftig bläst und die Sonne ordentlich scheint, wird zuviel Strom produziert. Er muß dann abgeregelt werden, um das Leitungsnetz nicht zu überlasten. Das gilt vor allem Nachts, wenn kaum Bedarf besteht. 

Nun will das schottische Green-Cleantech-Unternehmen Gravitricity Windstrom mit Hilfe eines Schwerkraftspeichers speichern. Dafür will das Unternehmen stillgelegte Minenschächte nutzen.  

alte Grubenschächte als Schwerkraftspeicher - eine ungewöhnliche Idee

Die Idee ist dabei, riesige Gewichte an Seilen, die an Winden an der Tagesoberfläche befestigt sind, mit Hilfe eines Schachtgerüstes (so ähnlich wie das Hilfsfördergerüst über Schacht Friedlicher Nachbar in Bochum, siehe rechts) hochzufahren. Und zwar an den Tagen, an denen Über-schussstrom von den Windkraftanlagen produziert wird. Wenn die Nachfrage höher ist als das Stromangebot, werden die Gewichte wieder in den Schacht abgesenkt. Durch die Bewegungsenergie wird Strom erzeugt. Der Zeitraum, der zwischen Speicherung und Nutzung hervorgeht, soll angeblich viel länger sein als z.B. bei einer Batterie. 

Die Pilotanlage soll in Edinburgh mit Hilfe eines 16 Meter hohen Turms mit zunächst zwei 25 Tonnen-Gewichten an den Start gehen.  In 14 Sekunden sollen dann 250 Megawatt Leistung erzeugt werden. 1,1 Mio. EUR hat sich die Firma das Spielchen kosten lassen. Nach erfolgreichem Test will die Firma mit dem Bau einer 4 MW-Anlage und 12.000-Tonnen-Gewichten in den Wirkbetrieb gehen. Der Speicher soll mit dem Stromnetz verbunden werden. Bis dahin wird wohl noch so manche Kaffeepause vergehen.   

Grubenwasserhaltungszeche Friedlicher Nachbar 1 in Bochum, Foto: Revierkohle

IM PRINZIP NICHTS NEUES

Denn die Hubspeichertechnik wird schon sehr lange eingesetzt. So steht z.B. in der Schweiz eines der ältesten Pumpspeicherkraftwerke. Das 1907 erbaute Wasserkraft-werk Engeweiher funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie der Kran bzw. das feststehende Schachtgerüst. Nur eben mit Wasser anstatt Betonblöcken. Bei hohem Stromangebot wird Wasser aus Flüssen in einen Stausee gepumpt. Wenn der Bedarf steigt, wird ein Teil des Wassers wieder abgelassen. Das Wasser stürzt am Fuße des Berges oder des Stausees in die Tiefe. Dort steht das Wasserkraftwerk. Die abwärts fließende Bewegung des Wassers setzt eine Turbine in Bewegung. Diese erzeugt Energie und treibt einen Stromgenerator an. Nachts wird das Wasser wieder hochge-pumpt, da der Strom dann am billigsten ist. 

In kleinerem Maßstab war das auch für die 2018 stillgelegte Zeche Prosper-Haniel in Bottrop vorgesehen gewesen. Die Investoren scheuten leider das Risiko für den Bau eines Unterflurpumpspeicherkraftwerkes.  (siehe >hier)  

Im Unterschied zum Schwerkraftspeicher mit hängenden Betonplatten kann der Strom nur für 1-3 Stunden produziert werden. Mit den geplanten Hubspeicher-oder auch Lageenergiespeicherkraftwerken will man mehrere Tausend Einwohner mit Strom bis zu 7 Stunden versorgen. 

Vorausgesetzt, der Preis für Lithium-Ionen-Batterien fällt, so die Planer. 

PILOTANLAGEN LAUFEN

Die Schweizer Firma Energy Vault experimentiert ebenfalls mit Lasten. Und zwar mit 35-Tonnen schweren Betonklötzen. Diese werden per Kran in die Höhe gehievt und bei Bedarf langsam wieder abgesenkt. Die Betonblöcke werden dabei an den Stahlrahmen des Krans hochgezogen und an vier Armen des oben abgebildeten ungewöhnlichen Krans aufge-hängt. Die Arbeit leisten Motoren, die ihren Strom aus dem Schweizer Stromnetz beziehen. Natürlich nur 100 % Öko-Strom. 

Während der Ablasszeit beginnen sich die Motoren rückwärts zu drehen und erzeugen so Strom, der über dicke Kabel in das Schweizer Stromnetz eingespeist wird. Während der 30 Sekunden, in denen die Betonblöcke herabgelassen werden, erzeugt die Versuchsanlage 1 MW Strom. 

In Zukunft will man 7000-Tonnen-Gewichte aufhängen, die dann in 14 Sekunden bis zu 250 MW an Leistung erzeugen sollen. Rein rechnererisch sollen die Schwerkraftspeicher bis zu 2.000 Gigawattstunden Strom speichern können.       

Quellenhinweise: 

orf.at vom 17.04.2022, 23.55 h; www.energyvault.com; www.gravitricity.com, www.wired.com/story; cleanthinking.de vom 30.10.2020; *) Statistisches Bundesamt Nr. 429, vom 13.09.2021 a.a.: Frauenhofer-Institut für solare Energiesysteme vom 4.1.2021 (ise.frauenhofer.de) sowie RK-Redaktion vom 14.07.2022

Fotonachweise: 

Header: Kohlezeichnung: Revierkohle, Hintergrund (WKA-Illustration): pixabay.com; rechts darunter: Friedlicher Nachbar: Revierkohle; links darunter (stürzende Wassermassen): Henryk Niestroj, Turbinen: Logga Wiggler, pixabay.com

 

Das könnte ein Lösungsansatz sein, um die Kraftwerke zu entlasten. Es könnte auch eine Möglichkeit sein, Lithium-Ionen-Batterien als Speicher-medium zu ersetzen, weil diese mit der Zeit leistungsschwächer werden. Außerdem könnten seltene Erden eingespart und die Umwelt in den Salzseen in Bolivien geschont werden. Für die dort arbeitenden Kinder könnten dann endlich bessere Zukunftschancen entwickelt werden.  

Sie haben das Wörtchen „könnte“ sicherlich nicht überlesen. Denn in dem Wörtchen steckt der Hase im Pfeffer. Die erwähnte mögliche Leistung von 2000 Gigawattstunden, die in Zukunft mit Hilfe von Schwerkraft-speichern eingelagert werden könnten, muß man in Relation zu den tatsächlichen Bedarfen setzen.

Mitte Juli 2021 lag die Nettostromerzeugung in Deutschland bei 258 Terrawattstunden. (1 Twh = 1000 Mrd. Watt, 1 Watt = 1 Joule pro Sekunde) Die mittlere Einspeiseleistung von Wind-und Solarstrom lag bei unter 20.000 MW. (1 MW = 1 Mio.Wattstunden oder 1000 Kilowattstund-en), obschon über 118.000 MW an installierter Windkraftleistung vorhanden war. Der tatsächliche Strombedarf in 2020 lag sogar bei bei 488,7 Terrawattstunden.*) 

Außerdem können die Schwerkraftspeicher nur genutzt werden, wenn Öko-Überschussstrom vorhanden ist und gleichzeitig eine hohe Nach-frage besteht.  

Ferner räumen die Planer selbst ein, dass sich ihre Projekte nur rechnen, wenn der Preis für Lihtium-Ionen-Batterien sinken würde. 

Damit ist aber vorläufig nicht zu rechnen. Denn der Preis für Lithium-carbonat erreichte mit 73.000 US-Dollar pro Tonne Anfang des Jahres einen Höchststand und ist damit im Vergleich zum Vorjahr um 56 % gestiegen. Daher wird geprüft, ob man Lithium nicht auch in Deutschland abbauen kann. Zum Beispiel auf der Grubenwasserzeche Robert Müser in Bochum. (> siehe hier)

Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) wird sich der Strombedarf aufgrund der zunehmenden Weltbevölkerung und des damit zusammenhängenden steigenden Energiebedarfs bis 2050  ver-doppeln. 

Soviel Schächte, Kräne und Beton nebst neuen Windkraftanlagen kann man unmöglich alle in die Landschaft stellen. Es sei denn, man glaubt tatsächlich an den Weltuntergang, der durch CO2-Emissionen verursacht wird.           

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