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DIE GESCHICHTE DES RAG-WERKVERKEHRS

der letzte Schwarzbus der Fa. Nickel steht jetzt auf dem Hof des Trainingsbergwerks in Recklinghausen-Hochlarmark, Foto: TBW

In den Tagen, als die Kohle noch das Schwarze Gold des Ruhrgebiets war, war der RAG-Werksbus der Fa. Nickel mehr als nur ein Transportmittel. Er war ein sozialer Mikrokosmos, ein rollender Stammtisch auf Rädern. Die Gespräche in diesen Bussen waren so vielfältig wie die Facetten der Steinkohle selbst.

Die Sitzordnung im Bus war dabei so wichtig wie die richtige Mischung im Grubenschacht. Die Ränge waren klar definiert: vorne die gestandenen „Fahrsteiger“, dann die „Reviersteiger“ in der Mitte die „Hauer,  Rutschenbären“ , Elektriker u.a. Ränge und hinten die „Frischlinge“. Doch egal, wo man Platz nahm, die Konversation war stets lebhaft.

„Na, wie war die Schicht?“ „Gib´s wat Neuet ? „war die Standardfrage, gefolgt von einem Kopfnicken, einem Schulterklopfen oder einem mitleidigen „Haste wohl wieder Dreck geschluckt, wat?“.  Antwort: „Jau !“ Der Bus war der Ort für Geschichten von unter Tage, von verlorenen Werkzeugen und verpassten Chancen – ein wahrer Grubentalk.

Doch es gab auch die leisen Momente, wenn der Bus sich auf den holprigen Wegen durch das Ruhrgebiet bewegte und die Bergleute aus dem Fenster blickten. Vielleicht war es der stille Respekt vor der harten Arbeit unter Tage oder einfach die Erschöpfung nach einem langen Tag, aber die Ruhe im Bus sprach oft mehr als tausend Worte.

Mit dem Niedergang der Kohleindustrie verschwand auch der Ruhrkohle-Werksverkehr nach und nach  aus dem Alltag. Doch die Erinnerungen an die Fahrt mit dem Werksbus und die Geschichten der Bergleute leben weiter. In diesen Bussen wurden nicht nur Kilometer zurückgelegt, sondern auch Freundschaften geschmiedet und Anekdoten geboren, die das Ruhrgebiet bis heute prägen.

Schwarfahrten

zwischen Kaue und Schacht Anekdoten für´s Leben

1966 begann der RAG-Werksverkehr, um die vielen Tausende von Kumpels von einer Schachtanlage zur nächsten zu befördern. Das ging schneller, als mit dem öffentliche Nahverkehr. Und ein Auto hatten nur wenige Bergleute. Wahrscheinlich wären die Kumpels von der Beförderung durch die BOGESTRA auch ausgeschlossen worden, wenn Sie verdreckt auf den Sitzplätzen Platz genommen hätten. 

Und so bekam die Firma Nickel GmbH aus Gelsenkirchen den Zuschlag. Das Familienunternehmen unter der Leitung von Ulrich Nickel besteht seit 1930 und existiert heute noch. Mittlerweile arbeiten für Nickel rd. 100 Mitarbeiter/innen. 1966 nahm die Firma den Werksverkehr auf. Zunächst wurden die Kumpels der ersten stillgelegten Großzeche Graf Bismarck in Gelsenkirchen zur Schachtanlage BW Monopol in Kamen regelmäßig hin-und hergekarrt, um die zeitlichen Belastungen für die Bergleute zu reduzieren. 25 Zechen fuhr Nickel damals an.

Die Fahrten verliefen nach einem festen Fahrplan. Dieser war auf den Schichtbetrieb der Zechen  ausgerichtet. Vor der Zeche gab es Sammelpunkte, wohin die Bergleute gehen mußten. 

Der letzte Werksbus rollte mit der Schließung der letzten Zeche , Prosper-Haniel in Bottrop, vom Hof. Allein zwischen den Schachtanlagen Prosper-Haniel an der Fernewaldstrasse in Bottrop und den Schächten 9 in Bottrop-Grafenwald  sowie Schacht 10 am Alten Postweg in Bottrop-Kirchhellen legten die letzten 4 Werksbusse zwischen 1966 und 2018 rd. 685.000 km zurück. Für die RAG war das praktisch, weil die aufgefahrenen Strecken unter Tage im laufe der Zeit immer länger wurden und der Transport per Grubenlok oder Transportband einfach zu lange dauerte. 

Wenn GF Ulrich Nickel an diese Zeit zurückdenkt, strahlen noch heute seine Augen. „Wir haben damals 60 % unseres Umsatzes mit der RAG gemacht. Und die hat immer pünktlich bezahlt“, so Nickel. 

2015 wollte die Firma dem Bergbau eine besondere Ehre erweisen und ließ alle Schwarzbusse durch den Graffiti-Künstler Mauricio Bet mit Bergwerksmotiven verschönern. Der Künstler hat auch viele Stromkästen und Hauswände mit ruhrgebietstypischen Motiven bemalt und ist daher kein Unbekannter. 

Bet hat 25 Hinweis-Graffitis auf die Busse aufgebracht, die an die 25 Zechen erinnern sollen, die im Werksverkehr angefahren wurden. 

Der letzte Schwarzbus steht nun auf dem Betriebsgelände des Trainingsbergwerks in Recklinghausen und hat dort einen Ehrenplatz. Das hat den letzten Schwarbusfahrer, Recep Oruc, besonders gefreut. „Wenn man 20 Jahre lang die Kumpels transportiert hat, da ist es ganz normal, das da ganz viel Herzblut drinsteckt“ , so Oruc zur Bild-Zeitung, die über dieses Ereignis ebenfalls berichtete. 

TBW-Vorstand Uwe Seeger freute sich besonders über den ausgemusterten Bus. Er ist Übrigens noch fahrtüchtig. Und der Innenraum lässt sich fabelhaft für besondere Veranstaltungen nutzen. 

Bei einem Besuch ins Trainingsbergwerk können Sie sich nicht nur den Bus näher anschauen, sondern auch gleich ins Bergwerk einfahren. 

Glückauf !

Quellenhinweise: 

Reisedienst-Nickel.de; Bild-Zeitung vom 19.04.2023; WAZ vom 24.07.2017; N.N.: Zeche Westfalen- ein Jahrhundert Steinkohle in Ahlen, Glückauf-Stiftung (Hrsg.) Essen 2000, S. 75 (Folgen des Rückzugs); Böse, Christian, Farrenkopf, Michael, Weindl, Andrea: Kohle – Koks- Öl- die Geschichte des Bergwerks Prosper-Haniel, RAG (Hrsg.), Münster 2018, S. 193/94 (Fahrkosten)  sowie RK-Redaktion vom 14.12.2023

Fotonachweise: 

Header: Revierkohle-Entwurf; links darunter: TBW; Mitte: TBW, Montage: Revierkohle; links darunter: Weißkaue: getstockly.com, Bergmann: getstockly,com; rechts: getstockly.com. RAG-Logo: RAG-Werkzeitschrift 1969  

 

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der RAG-Werksverkehr
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Revierkohle-Bildung im Berufsverband Revierkohle e.V., Ast Hamburg
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