Zum Inhalt springen

aus der Grubenwasserzeche Friedlicher Nachbar

Grubenwasserzeche Friedlicher Nachbar, Schacht 2 - noch mit Untertagepumpbetrieb in Bochum-Linden, Foto: Revierkohle
Grubenwassereinleitung in den Rauendahler Bach. Von dort geht es weiter in die Ruhr. Foto: Youtube-Screenshot

In einer Kooperation mit der  RAG, der Hochschule Bochum,  den Stadtwerken Hattingen sowie  mit Unterstützung durch das Gas‑ und Wärmeinstitut Essen e.V. (GWI) und der Wohnungsgenossenschaft hwg  wird aktuell eine Machbarkeitsstudie vorbereitet.

Ziel: Das bislang abgepumpte, bis zu 20 °C warme Grubenwasser der 1961 stillgelegten Zeche Friedlicher Nachbar, soll künftig als nachhaltige Wärmequelle für die Wohngebiete Am Röderschacht und im Rauendahl in Hattingen  genutzt werden.

Die Idee fußt auf einem simplen, aber wirkungsvollen Grundsatz: Das Grubenwasser muss ohnehin dauerhaft abgepumpt werden, um den Grundwasser- und den Trinkwasserschutz zu gewährleisten. Warum also nicht die Wärme nutzen, bevor das Wasser weiterhin nur in den nahe gelegenen Fluss abgeleitet wird. 

für wen

und wohin ? Im Focus: Nahwärmeversorgung

Primär in den Fokus der Studie rücken zwei Wohngebiete:

  • Die Siedlung Friedlicher Nachbar in Bochum-Linden, direkt neben  dem Gelände der früheren Zeche. 

  • Das Quartier Rauendahl in Hattingen, das bislang nicht Teil eines Fernwärmenetzes war. In Hattingen galt Fernwärme lange als ausgeschlossen – doch mit der Grubenwassernutzung könnte sich eine Kehrtwende abzeichnen. Alle Beteiligten betonen: Je mehr Häuser angeschlossen werden, desto wirtschaftlicher kann ein Nahwärmenetz betrieben werden. Auch städtische Gebäude im Rauendahl – beispielsweise eine Sporthalle mit Schwimmbad und das städtische Archiv – sollen in die Planung einbezogen werden.

Die Studie prüft derzeit zwei Hauptvarianten für die Wärmeverteilung:

Variante A:

  • Kaltes Nahwärmenetz : Das Grubenwasser selbst wird über ein relativ  ungedämmtes Rohrleitungsnetz zu den Gebäuden geführt – etwa mit 15–20 °C. Dort kann mittels dezentraler Wärmepumpen oder Wärmetauschern Wärme nutzbar gemacht werden. Dies entspricht dem Konzept, das bereits in anderen Projekten der Grubenwassernutzung untersucht und erfolgreich umgesetzt wurde. Beispiel: Grubenwassernutzung der ehem. Zeche Robert Müser in Bochum.

Variante B: 

  • warmes Nahwärmenetz mit zentraler Großwärmepumpe: Die Wärme des Grubenwassers wird zentral angehoben (z. B. auf 45–50 °C) und über ein klassisches Wärmenetz verteilt — so wie bei konventionellen Fernwärmesystemen. Dieses Modell ähnelt dem, wie es bereits beim Quartier Mark 51°7 in Bochum geplant bzw. umgesetzt wird.

Technisch sind beide Varianten machbar — vorausgesetzt, es gibt eine ausreichende Fördermenge, eine konstante Temperatur und ein tragfähiges Verteilnetz mit genügend Anschlusswilligen. Die Infrastruktur der alten Zeche, der bereits bestehende Wasserhaltungsbetrieb und die Erfahrung mit der  Grubenwassernutzung im Ruhrgebiet sind dafür von Vorteil.

Wenn man von typischen Verbrauchs- und Kostenszenarien ausgeht und die Wärmegestehungskosten mit rd. 5–10 ct/kWh zugrunde legt, lässt sich abschätzen:

  • Bei einem durchschnittlichen Heizwärmebedarf von etwa 100 kWh pro Quadratmeter und Jahr — und einem Haushalt mit z. B. 100 m² — ergibt sich ein Wärmebedarf von rund 10 000 kWh pro Jahr.

  • Bei 5–10 ct/kWh entspräche das etwa 500–1.000 € Heizkosten pro Jahr, also rund 40–85 € pro Monat — bevor Umlagen, Netzentgelte, Wartung etc. eingerechnet werden.

Je nachdem, wie gut das Netz ausgelastet ist und wie hoch die Anschlusskosten sind, könnte der Preis schwanken. Doch grundsätzlich scheint eine Versorgung mit Grubenwasser preislich attraktiv — und vermutlich konkurrenzfähig gegenüber klassischen Erdgas- oder Ölheizungen.

Bergarbeiterhaus in der Siedlung Friedlicher Nachbar, Am Röderschacht 24 in Bochum-Linden: Foto: Youtube-Screenshot

Die Nutzung des warmen Grubenwassers aus den Tiefen der Grubenwasserzeche Friedlicher Nachbar ist nicht nur für die RAG und die Stadtwerke Hattingen ein möglicherweise lohnendes Geschäft, über das man gleichzeitig die ohnehin anfallenden hohen Kosten der Grubenwasserhaltung reduzieren kann, sondern auch für die Nutzer. Die Anfangsinvestitionen können sich realtiv schnell amortisieren. 

Weniger erfreulich ist allerdings, das die Bewohner in der Siedlung Friedlicher Nachbar und dort vor allem die Bewohner an der Strasse „Am Röderschacht“ von der preiswerten Nutzung des Grubenwassers nicht viel haben werden.  

Denn der Vermieter der unter Denkmalschutz stehenden Zechenhäuser, die „Röderschacht Immobilien GmbH“ macht den Mietern gerade das Leben zur Hölle. Nach dem die Immobilienfirma Vonovia die wunderschönen Häuser verkauft hatte, machte der neue Eigentümer der Röderschacht Immobilien GmbH, Dirk Nikolaus Tillmann, den Mietern klar, das es ihm um die Kohle gehen würde und forderte eine drastische  Mieterhöhung, teilweise bis in dreifacher Höhe. 

Logisch, das sich die alteingessenen Mieter dagegen lautstark wehrten, denn die müssen die Mieterhöhung nicht so ohne weiteres akzeptieren. Tillmann hat sich deshalb auf Drohung und Einschüchterung spezialisiert. So ließ er z.B. Gärten und Parkplätze absperren, Mängelanzeigen werden ignoriert, ältere Bewohner werden persönlich bedroht und beleidigt. 

Außerdem wehren sich die Mieter gegen eine Luxusmodernisierung, da die Wohnanlage öffentlich gefördert wird und unter Denkmalschutz steht. Mit recht wenden sich die Mieter an die Politik mit der Forderung, das Wohnraum bezahlbar bleiben muß und nicht Gegenstand eines Spekulationsobjektes sein darf, wie es die Röderschacht Immobilien GmbH anscheinend sieht. 

Die Kolonie Friedlicher Nachbar ist 1880 erbaut worden, besteht aus 13 Blöcken mit je 4 Wohnungen. Alle Häuser befinden sich „in steiler Lage.“ Die Backsteinbauten sind 1,5 geschossig und mit geputzten Giebelsteinen und Satteldächern versehen. Die gekreuzten Fenster passen sich harmonisch der Architektur an. Die rückseitigen ehemaligen Stallanbauten für Kaninchen und Tauben sind zum Teil zu Badezimmern umgebaut worden.

Das ganze Ensemble wird umrahmt von altem Baumbestand. Schöner geht es eigentlich gar nicht mehr.    

Wir wünschen den Mietern der Siedlung Friedlicher Nachbar daher viel Erfolg beim Kampf gegen die Immobilienfirma. Vielleicht kann die Politik einen für alle Beteiligten gangbaren Kompromiss anbieten. Zu wünschen wäre es. 

Letztendlich zeigt das Beispiel Röderschacht Immobilien GmbH aber, das der Staat stärker in die Verantwortung genommen werden muß. Heißt konkret: der Immobilienspekulation muß per Gesetz das Handwerk gelegt werden. Gleichzeitig muß der Gesetzgeber viel mehr Mittel in den sozialen Wohnungsbau stecken.    

Blick auf das Wohnquartier Rauendahl in Hattingen, Foto: Youtube-Screenshot
Zechengelände der ehem. Zeche Friedlicher Nachbar. links unten: Behelfsfördergerüst über Schacht FN, rechts unten: ehem. Maschinenhalle FN; ganz oben: ehem. Werkstattgebäude FN; Foto: Google Earth Pro

Quellenhinweise: 

RAG-Pressemitteilung vom 20.11.2025; Lokalkompass.de vom 12.06.2025; mieterverein-bochum.de vom 13.06.2025; WAZ.de vom 14.11.2025; ruhr-bauten.de sowie RK-Redaktion vom 14.12.2025

Fotonachweise: 

Header: Hintergrund: pixabay.com; Vorderseite: Revierkohle; darunter links: Revierkohle; darunter: Youtube-Screenshot; links darunter; Grubenwasserbecken FN; RAG; links darunter: Zechenhaus Am Röderschacht 24; Youtube Screenshot; rechts daneben und darunter: Youtube-Screenshot   

Diesen Beitrag teilen
Summary
Neue Studie zur Grubenwassernutzung
Article Name
Neue Studie zur Grubenwassernutzung
Publisher Name
Berufsverband Revierkohle e.V.
Publisher Logo
Translate »