Quellenhinweise:
Berliner Morgenpost vom 17.08.2025; derstandard.de vom 17.10.2023; invidis.de vom 26.03.2024; leistungselektronik.de vom 04.12.2019; cleanthingking.de vom 03.10.2022; emrod.energy.com; Stern.de vom 10.08.2020; nextgennighways.org vom Nov. 2022 (zu den Kosten) sowie RK-Redaktion vom 14.09.2025
Fotonachweise:
Header: Antennen: KI-generiert; Strommasten und Grafikhaus: pixabay.com; Montage und Freistellung: Revierkohle; links darunter: KI-generiert.
Mobiltelefone, Zahnbürsten und Laptops lassen sich schon kabellos aufladen. Aber wäre es nicht praktisch, Strom auch über größere Strecken durch die Luft ohne Kabel zu übertragen ? Das klingt nach Science-Fiction, ist aber technisch längst möglich, besonders mithilfe von Mikrowellen.
Dafür wandelt ein Sender elektrischen Strom in Mikrowellen um, die gezielt in Richtung eines Empfängers (einer sogenannten Rectenna) ausgesandt werden. Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus einer Antenne und eine Art Gleichrichter. Diese wandelt die Mikrowellen wieder in Gleichstrom um. Bereits in den 1960er-Jahren konnte ein mit Mikrowellen betriebener Modell-Hubschrauber fliegen.
Emrod – ein Startup macht drahtlose Energieübertragung praktikabel
Die neuseeländische Firma Emrod verfolgt genau diesen Ansatz und hat ihn in beeindruckenden Demonstrationen präsentiert:
Demo in München (2022): Mithilfe eines quadratischen, etwa 1,92 m großen Phased-Array-Antennensystems wurden 550 W über 36 Meter per Mikrowellen übertragen – mit beeindruckenden 95 % Energiegewinnung am Empfänger. Die Gesamteffizienz lag bei rund 36 %, doch Emrod peilt 60 % in naher Zukunft und langfristig 85 % oder mehr an.
Technologie und Sicherheit: Emrod nutzt eine quasi-optische Strahlformung, wodurch der Energiefluss wie ein unsichtbares Kabel wirkt. Sicherheitsmechanismen wie Laser-„Vorhänge“ sorgen dafür, dass der Strahl sofort abgeschaltet wird, wenn z. B. Vögel hinein fliegen.
Strategie für Zukunft: Emrod plant den Aufbau eines Worldwide Energy Matrix (WEM) – eines weltweiten Energie-Netzes per Satelliten-Relais. In Modellrechnungen könnten so 25 % End-to-End-Effizienz sowie mehrere hundert Millionen US-Dollar pro Gigawatt Erlös erwirtschaftet werden, behauptet EMROD.
Team und Förderung: Das 2019 gegründete Startup arbeitet mit ESA, Airbus, Powerco u. a. zusammen und setzt auf innovative Antennentechnik, Beamforming und Metamaterialien.
ESA – Solarenergie aus dem All per Mikrowellen
Die Europäische Raumfahrtagentur ESA treibt das Konzept der Space-Based Solar Power (SBSP) voran: Sonnenenergie im All wird gesammelt und per Mikrowellen zur Erde gestrahlt – rund um die Uhr und wetterunabhängig.
Demonstration in München: Emrod, Airbus und ESA zeigten in einem Experiment, bei dem Mikrowellen über 36 Meter flogen und (modellhaft) die Stadt, einen Elektrolyseur und einen Bierkühlschrank mit Strom versorgten.
Vision für die Zukunft: Für eine funktionierende SBSP-Infrastruktur wären riesige Antennen nötig. Satelliten im geostationären Orbit mit kilometerlangen Sendeflächen und passenden Bodenempfängern.
Die Hürden auf dem Weg zur drahtlosen Stromversorgung
Trotz beeindruckender Fortschritte bestehen weiterhin technische, regulatorische und wirtschaftliche Herausforderungen. Einige seien kurz aufgezählt:
Effizienzverluste & Reichweite
Der Energieverlust durch Luft, Diffusion, Umwandlung und Ausrichtung bleibt beträchtlich – insbesondere über große Distanzen. Experimente zeigen oft nur 50 % Effizienz bei idealen Bedingungen.Sicherheitsrisiken
Mikrowellen im Kilowattbereich können gefährlich für Menschen, Tiere und Geräte werden. Sicherheitsvorgaben sind daher unerlässlich.Technische Komplexität
Komponenten wie Phasenschieber, Splits, Leistungsverstärker und Antennensysteme stoßen bei Starkstromleistungen an Grenzen. Dazu zählen die Verlustleistung, der Temperaturdrift und die hohe Anforderungen an Stabilität und Kalibrierung des Systems. Und billig wäre die ganze Sache auch nicht.Regulatorische Rahmenbedingungen und Interferenzen
Mikrowellen können darüber hinaus andere Funkdienste stören, weshalb klare Frequenz-nutzungsrechte und internationale Standards nötig sind.Kosten und Skalierung
Die Errichtung großer Antennensysteme oder Satelliteninfrastrukturen kostet enorme Summen. Beispiel: ein Phases-Array-Antennensystem kostet rd. 540 Mio. Euro. Für einen vollständigen Netzersatz würde man rd. 1.283 Systeme in Deutschland benötigen. Und dreimal dürfen Sie raten, wer das wieder bezahlen wird. Richtig! Sie !Skepsis in Fachkreisen. In Foren äußern sich Experten kritisch: So sei die Energie-Infrastruktur deutlich effizienter über Kabel, und Strahlungsübertragungen seien schwer skalierbar – insbesondere, wenn diese hochleistungsfähig und sicher zugleich sein sollen. In entlegenen Gegenden wie etwa in den Bergen ohne Touristenverkehr wäre die kabellose Sromversorgung aus Solarfeldern im All aber durchaus denkbar.
Wir lassen uns überraschen, was die Zukunft bringt. Glückauf !