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300 Megawatt Leistung - falls genügend Wind weht

Im weltweiten Rennen um „klimaneutrale“ Energiespeicherung (was auch immer das sein mag)  gilt der Druckluftspeicher (CAES – Compressed Air Energy Storage) als eine der potenziellen Lösungen, um überschüssige Energie aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne nutzbar zu machen. Doch wie zukunftsfähig ist diese Technologie wirklich – und warum setzt China mit der Mega-Anlage „Nengchu-1“ ausgerechnet auf dieses Prinzip?


Funktionsweise: Wie ein überdimensionaler Akku

Druckluftspeicher funktionieren nach einem simplen Prinzip: In Zeiten von Energieüberschuss – etwa bei starkem Wind – wird Luft mithilfe elektrischer Energie verdichtet und in unterirdischen Kavernen gespeichert. Bei Bedarf wird diese komprimierte Luft wieder entspannt und treibt Turbinen an, die Strom erzeugen. Ähnlich einem Pumpspeicherkraftwerk, nur mit Luft statt Wasser.


Vorteile der Druckluftspeichertechnologie

  • Große Energiemengen speicherbar: Anders als Batterien können Druckluftspeicher theoretisch mehrere hundert Megawattstunden Energie aufnehmen.

  • Langlebigkeit: Im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien haben CAES-Systeme eine deutlich längere Lebensdauer und niedrigeren Materialverschleiß.

  • Weniger Rohstoffabhängigkeit: Die Technologie kommt ohne seltene Erden oder teure Rohstoffe aus, was geopolitische Abhängigkeiten reduziert.

Kritische Schwachstellen und Nachteile

  • Niedriger Wirkungsgrad: Klassische Druckluftspeicher verlieren viel Energie bei der Umwandlung. Wirkungsgrade liegen oft nur bei 40–55 %, obwohl moderne Systeme mit Wärmerückgewinnung besser abschneiden.

  • Großer Platzbedarf: Die Speicherung benötigt große unterirdische Kavernen – meist ehemalige Gasspeicher. Das schränkt den Einsatz geografisch ein.

  • Hohe Investitionskosten: Der Bau großer CAES-Anlagen ist kapitalintensiv. Zwar sinken Betriebskosten mit der Zeit, doch die Einstiegshürde bleibt hoch.

  • Trägheit: Die Anlaufzeit ist länger als bei Batterien – was für den sekundengenauen Ausgleich von Lastspitzen problematisch ist

  • Geringe Stromlieferzeit: ein besonderes Manko stellt die mangelnde Leistungsfähigkeit der Anlage dar. Wenn man  300 MW Leistung mit 600 MWh Speicherkapazität dividiert, kommt man auf 2 Stunden kontinuierlicher Laufzeit. In diesen 2 Stunden können rd. 300.000 Haushalte mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 3.500 KWh vorübergehend mit Strom versorgt werden. In den kalten Wintermonaten oder wenn wenig Wind weht müssen daher die konventionellen Kraftwerke den Regelbetrieb übernehmen. 

warum China  auf den Mega-Druckluftspeicher „Nengchu-1“ setzt 

In Yingcheng in der chinesischen Provinz Hubei entsteht derzeit mit „Nengchu-1“ der weltgrößte Druckluftspeicher: 300 Megawatt Leistung, 600 MWh Speicherkapazität. Die staatliche China Energy Engineering Group investiert Milliarden in dieses Projekt. Warum?

  1. Industriestrategie: China verfolgt einerseits den konventionellen Energiegewinnungsweg durch den Zubau neuer Kohle-und Gaskraftwerke und sieht gleichzeitig  die Energiespeicherung von Windstrom als zusätzliche Option an. Offiziell soll der Druckluftspeicher ein Beitrag zur Klimarettung sein. Inoffiziell glaubt kaum ein KP-Kader an diese These. Aber es macht einen guten Eindruck. Und vielleicht kann man die Technologie auch noch weltweit vermarkten. Allerdings ist der Markt  aufgrund der enormen Ausmasse einer solchen Anlage und der geologischen Mindestanforderungen begrenzt. 

  2. Stromnetz-Stabilität: In vielen Regionen Chinas schwankt die Versorgung stark, jedenfalls dort, wo man viele Windkraftanlagen errichtet hat. Ein großskaliger Speicher hilft, die Netzfrequenz vorübergehend zu stabilisieren.

  3. Skalierung: Mit solchen Prestigeprojekten will China beweisen, dass es nicht nur bei Solar und Wind, sondern auch bei Speichertechnologien führend ist.

  4. Geologische Voraussetzungen: Die Region Yingcheng verfügt über geeignete Salzstöcke zur Speicherung – ein Vorteil, der genutzt wird.

Druckluftspeicher in Deutschland: Flop oder Zukunftsmodell?

Auch in Deutschland wurde die Technologie getestet – etwa mit dem RWE-Projekt „ADELE“ in Staßfurt (Sachsen-Anhalt). Doch trotz technischer Machbarkeit blieb der Durchbruch aus. Gründe gibt es gleich mehrere: 

  • Geringere Wirtschaftlichkeit gegenüber Batterien und Pumpspeichern. Hier schlagen die enorm hohen Kosten von 250 bis 400 Mio. Euro für eine 300 MW-Druckluftspeicheranlage in einer geeigneten Kaverne an. Hinzu kommen die Kosten der Planung, die Kosten für die Arbeitskräfte sowie die Genehmigungskosten. Zum Vergleich: ein Pumpspeicherkraftwerk kostet pro MW zwischen 250.000 bis 500.000 Euro.  Ein Gaskraftwerk zwischen 600.000 Euro bis 1,2 Mio. Euro pro MW Leistung und ein Kohlekraftwerk kostet 1,5 Mio bis 3,5 Mio. Euro pro MW Leistung. Mit anderen Worten: Druckluftspeicher rechnen sich nicht.  

  • Hohe Standortanforderungen. Um einen Druckluftspeicher zu errichten, bedarf es eines geeigneten Untergrundes. Zum Beispiel eine Salzkaverne oder eine ehemalige Gaslagerstätte. Der Untergrund muß eine hohe Dichtigkeit gegenüber Gasen besitzen und es muß eine geeignete Infrastruktur vorhanden sein. In Deutschland erfüllen nur wenige Regionen diese Anforderungen. Daraus folgt die  

  • Politische Zurückhaltung bei Großinvestitionen in CAES

Allerdings könnten sich Druckluftspeicher als Teil eines diversifizierten Speicherportfolios durchaus lohnen – vor allem, wenn innovative thermische Speicherlösungen integriert werden. Neue Konzepte, wie die neue Druckluftspeicheranlage Nengchu-1 in China   setzen auf adiabatische Systeme, bei denen die bei der Kompression entstehende Wärme gespeichert und bei der Entspannung wieder genutzt wird. Das verbessert den Wirkungsgrad auf bis zu 65 %.  Das ist schon mal nicht schlecht, wenn man das mit dem Wirkungsgrad von 20 % bei der Wasserstoffgewinnung vergleicht. 

Fazit

Angesichts eines Strombedarfs in Höhe von 55 bis 60 Gigawatt in Deutschland pro Jahr bleibt Windstrom, Batteriespeicher und Druckluftspeicher ein reines Nischenprodukt.  Glückauf !  

Quellenhinweise: 

springerprofessional.de vom 16.05.2017; mdr.de vom 11.07.2023; t3n.de vom 04.05.2025; trendsderzukunft.de vom 05.05.2025; Eike.de vom 14.05.2025 sowie RK-Redaktion vom 14.06.2025 

Fotonachweise: 

Haeder: Hintergrund: Druckluftspeicher in Pastellfarben: Revierkohle: Ursprungsfoto: Youtube-Screenshot; Vordergrund-Grafik: Revierkohle (verändert); links darunter: Grafik: unsplash; rechts darunter: pixaby.com 

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Druckluftspeicher- die Zukunft ?
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Druckluftspeicher- die Zukunft ?
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Berufsverband Revierkohle e.V.
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