TROTZ NEUER KRAFTWERKSSTRATEGIE DER BUNDESREGIERUNG
Liebe Leserin, lieber Leser, Freunde der erfrischenden Logik und Anhänger der „Wie man sich selbst widerspricht“-Philosophie!
Es ist mal wieder an der Zeit, die grandiosen Pläne unserer geliebten Bundesregierung zu durchleuchten. Aktuell steht der Ausbau von Gaskraftwerken im Fokus – oder besser gesagt, halb im Fokus. Denn während die Regierung großspurig verkündet, den Ausbau zu halbieren, plant sie gleichzeitig den Bau von fünfzig neuen Gaskraftwerken bis zum Jahr 2030. Ein wahrhaft brillanter Schachzug und eine sportliche Herausforderung.
Man könnte meinen, unsere Ampel-Regierung ist besessen von der Idee, die Logik auf die Probe zu stellen – und das auf höchstem Niveau. Warum sich für einen klaren Kurs entscheiden, wenn man auch beides haben kann? Die Logikexperten der Bundesregierung haben sich offensichtlich dafür entschieden, den Bürgern das Rätselraten zu überlassen, welche Hälfte des Gaskraftwerksausbaus nun tatsächlich halbiert wird.
Vielleicht handelt es sich um eine neue Methode der mathematischen Gymnastik, die wir bisher noch nicht begriffen haben. Denn wer braucht schon eine klare Linie, wenn man die Bevölkerung mit einer Mischung aus Halbwahrheiten und doppeldeutigen Ankündigungen auf Trab halten kann? Das gilt Übrigens für die gesamte Energiewendepolitik.
Der geniale Plan, den Ausbau zu drosseln und gleichzeitig neue Kraftwerke zu errichten, könnte natürlich einen tieferen, unverständlichen Sinn haben. Vielleicht möchten sie uns einfach nur zeigen, dass sie sowohl Vorwärts- als auch Rückwärtsgang beherrschen – ein beeindruckendes Talent in der Welt der politischen Akrobatik.
Und was wäre eine solche Ankündigung ohne den gewohnten Mix aus Umweltschutz-Phrasen? Natürlich, der Umwelt und der Klimarettung zuliebe sollen fünfzig neue Gaskraftwerke aus dem Boden gestampft werden, während die Versorgungssicherheit schon heute ständig auf der Kippe steht. Stichwort: Redispatch. Ein grünes Öko-Feuerwerk der Extraklasse!
Also liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, lassen Sie sich von dieser Meisterleistung der politischen Logik nicht entmutigen. Schließlich hat schon jemand gesagt: „Wo Logik aufhört, fängt Politik an.“
It's More Than Just Gas..! 50 neue Gaskraftwerke in weniger als 6 Jahren
bis 500 MW
Ein Gaskraftwerk mit einer Nennleistung von 500 Megawatt ist nicht in der Lage, bei Flaute eine Stadt wie Hamburg mit 1,9 Mio. Einwohnern auch nur zu einem viertel mit Strom zu versorgen. Die Jahreshöchstlast lag in 2023 bei 1.326 Megawatt. Diese Nennleistung hatte das 2021 stillgelegte und modernste Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg. Die meisten Gaskraftwerke haben auch nur eine Nennleistung von 300 MW und werden bisher auch nur zur Überbrückung von Spitzenlasten eingesetzt.
10 Gigawatt
1000 Megawatt ist ein Gigawatt. Das hört sich viel an, ist im Grunde genommen aber fast nichts. Beispiel: ein kleines Pumpspeicherkraftwerk hat eine Leistung von 7 GW. Das reicht aus, um ein Dorf mit 500 Einwohnern rd. 4-8 Stunden mit Strom zu versorgen.
Wasserstoff-Ready-Option
Die noch zu bauenden neuen Gaskraftwerke werden zunächst auf Erdgasbasis Strom produzieren und sollen dann, um das Klima zu retten (!) auf Wasserstoff umgerüstet werden. Dafür fehlt die benötigte Menge, das Geld, als auch die Infrastruktur.
Um die Abhängigkeit vom Ausland zu reduzieren, könnte man Gas auch in Deutschland fördern. Die umstrittene, aber technisch bewährte Methode dazu heißt Fracking. Dabei wird unter Hochdruck Wasser und Chemie in poröses Schiefergestein gepresst. Es entstehen Risse im Gestein. Das im Schiefer befindliche Gas wird dadurch freigesetzt und wird über ein Steigleitungsrohr zu Tage gefördert Das gelöste Gas kann dann in Gaskraftwerken eingesetzt werden. Diese Methode hat sich in Amerika insofern bewährt, als das sie mittlerweile als sicher eingestuft wird. Umstritten ist aber der Einsatz von 19.000 Tonnen Tetramethylammoniumchlorid und Octylphenol, die pro Frackingbohrung benötigt werden. Aus diesem u.a. Gründen ist Fracking in Deutschland daher (noch) verboten. Die Industrie arbeitet aber daran, Fracking ohne Chemiekalieneinsatz zu ermöglichen.
Bisher wurde gerade ein neues Gaskraftwerk mit einer Wasserstoff-to-Ready-Turbine in Leipzig errichtet. In Ermangelung von Wasserstoff wird es einstweiligen aber noch mit fossilem Erdgas betrieben. Und da gibt es noch ein paar weitere unschöne Aspekte, die man beachten muß.
- es fehlen flächendeckend die notwendigen Planfeststellungsverfahren. Diese dauern im Durchschnitt 3 Jahre bis zur Genehmigung (was ein Planfeststellungsverfahren ist, können Sie > hier lesen.)
- es fehlen die Ausschreibungen für 50 Gaskraftwerke. Ohne Ausschreibungen können die Unternehmen aber nicht planen, die die Gaskraftwerke bauen sollen
- es fehlen flächendeckend wasserstofffähige Gasleitungsanschlüsse und Stromnetzanbingungen
- es fehlt flächendeckend an geeignetem Fachpersonal
- es fehlen 60 Mrd. Euro, die der ganze Spaß kosten soll. Dafür sorgte das Bundesverfassungsgericht. Daher mußte die Bundesregierung ihre Gaskraftwerkspläne halbieren.
SCHLUSSFOLGERUNGEN
Wir schlussfolgern daraus, das auch 25 neue Wasserstoff-to-Reday- Gaskraftwerke bis 2030 nicht errichtet werden können. Und soweit die Investoren sich zum Bau bereit erklären, dann mit Sicherheit nur unter dem Paradigma der Dauersubventioniering.
Das kann auch gar nicht anders sein, da die Gaskraftwerke als Ersatz für die bewährten und preiswert arbeitenden Kohlekraftwerke nur in Flautezeiten im Vollbetrieb arbeiten sollen. Der Stand-by-Betrieb rechnet sich wirtschaftlich genau so wenig wie bei Kohlekraftwerken. Und da die Bundesregierung bis 2050 die gesamte Energieerzeugung auf Öko-Strom umstellen will, wird in Zukunft noch viel mehr Strom benötigt als heute. Woher der kommen soll, ist den meisten Fachleuten schleierhaft.
Und wie die Bürgerinnen und Bürger das alles bezahlen sollen, ist auch unklar. Gerade erst informierte das Vergleichsportal Verivox darüber, das 82 regionale Versorger ihre Strompreise um bis zu 15 % ab 1.4.2024 erhöhen werden. Das würde eine Mehrbelastung von 16 Euro pro Monat und pro Haushalt im Durchschnitt bedeuten. Bei einem Verbrauch von 4000 kWh müßte ein Drei-Personen-Haushalt rd. 94 Euro mehr im Jahr berappen.
Und da weder genügend Gaskraftwerke und auch keine Wasserstoffkraftwerke zur Verfügung stehen, werden die Flautezeiten auch weiterhin mit Kohlekraftwerken ausgeglichen. Der Präsident des Deutschen Industrieverbandes (BDI), Siegfried Russwurm, forderte daher die Bundesegierung auf, die Wasserstoff-Kraftwerkspläne fallen zu lassen.
Auch RWE-Chef Markus Krebber äußerte öffentlich Zweifel daran, das die Energiewende bis 2030 gelingt. Dennoch hält dieser ansonsten einsichtige Mann es für richtig, aus der Kohleverstromung vollständig auszusteigen. Wenn Bund und Länder an einem Strang ziehen würden, so Krebber, dann könnte man den Umstieg in vier bis fünf Jahren doch noch schaffen.
Wozu? Na, wegen der Klimakrise ! Offensichtlich befindet sich Herr Krebber auch in einer Krise. Genauer: in einer Geisteskrise. Denn auch er verwechselt Modellberechnungen mit beobachteten und tatshächlichen Klima-Messdaten.
Glückauf !
Quellenhinweise:
spiegel.de vom 03.11.2023; FAZ vom 09.02.2024; Berliner Morgenpost vom 05.02.2024; ARD.de vom 05.02.2024; Eike.de vom 11.01.2024, 31.01.2024 und 07.02.2024;Bild-Zeitung vom 07.02.2024 (Verivox-Verweise); Leipziger Volkszeitung vom 06.02.2024; Ulrich, Klaus: Fracking von Gas in Deutschland?, Deutsche Welle (Hrsg.) vom 22.06.2022; energieportal-hamburg.de vom 03.03.32024; (Jahreshöchstlasthinweis); Merkur.de vom 25.04.2023 ; quarks.de vom 05.07.2022; geo.de vom 03.03.2024, strassen.nrw.de (Erläuterungen zum Planfeststellungsverfahren, o.J.) Deutschlandfunk.de vom 30.05.2016 sowie RK-Redaktion vom 14.03.2024
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