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NOCH EIN BERGBAU-ERBE VERSCHWINDET

im Januar 2006 wurde der Warndschacht des Bergwerks Warndt/Luisenthal standfest verfüllt, Foto: Youtube-Screenshot

Eigentlich kann man gar nicht so viele Tränen vergießen, wie der Abriss von altehrwürdigen Zechen und Schächten in den letzten Jahrzehnten in anteilnehmender Weise notwendig wäre. Denn jede einzelne Zeche hatte ihren Wert, ihre Lebensgeschichte und eine enorme Bedeutung für die Beschäftigten.

Natürlich wissen wir auch, das alles seine Zeit hat und das Leben auch werden und vergehen heißt. Aber mit dem Unterschied zur Natur: diese erblüht jedes Jahr von Neuem. Bei den Zechen ist das nicht so. Es erblühte nach dem Abwurf so gut wie nichts Neues, was als ein adäquater Ersatz für die verloren gegangenen Arbeitsplätze akzeptiert werden könnte. Und man darf die Trauer nicht nur auf den Verlust der vielen Arbeitsplätze beschränken, sondern auch auf die entstandene Leere in vielen Bergbarbeiterseelen.

Denn mit der Schließung der Zechen ging auch der Verlust von Gemeinschaft, Zusammenhalt, Alltagsstruktur und das Bewußtsein, eine besonders hohe Leistung Tag für Tag für die Gesellschaft erbracht zu haben, verloren. Vielen macht das bis heute schwer zu schaffen. Das macht schon traurig, zumal die Relikte des Steinkohlenbergbaus im Saarland mehr oder weniger vor sich hindümpeln.

Nur durch das Engagement von vielen ehemaligen RAG-Mitarbeitern ist es gelungen, einige davon unter Denkmalschutz zu stellen und damit für die Nachwelt sichtbar zu bleiben. Aber die geleistete Arbeit und das schwere Los vieler namenloser Bergleute bleiben unsichtbar. 

Und nun verschwindet noch ein sichtbares Überbleibsel der Grube Warndt in Großrosseln im Saarland: der 5 km lange Warndstollen. 

 

rund 5 km Strecke werden verfüllt RAG spricht von Verantwortung

Der seit der Stillegung der Grube Warndt im Jahre 2005 immer noch bestehende Warndstollen zwischen der Restanlage Warndt/Luisenthal in Großrosseln, Ortsteil Karlsbrunn, der Tages-Restanlage St. Charles in Großrosseln und Ludweiler im Saarland soll bis 2028 mit 50.000 Kubikmeter Beton vollständig verfüllt werden. Die Begründung lautet: präventive Schutzmaßnahme. Wer und was hier geschützt werden soll, blieb unklar. 

Geschichte des Warndtstollens

Der Warndstollen in Großrosseln ist ein bedeutendes Zeugnis der saarländischen Montangeschichte. Zwischen 1963 und 1965 als Verbundstrecke zwischen der Grube Warndt und der Schachtanlage St. Charles aufgefahren, diente er ursprünglich als Transportstollen. Über ihn wurde das bei der Kohleaufbereitung in der Anlage Warndt anfallende Bergematerial zur Verkippung abtransportiert – eine logistische Meisterleistung der damaligen Zeit.

Heute ist dieser Stollen nicht nur technisch gut erhalten, sondern auch ein seltenes Relikt des untertägigen Verbundsystems saarländischer Steinkohlebergwerke. Die RAG plant dennoch, ihn zu verfüllen, unter Verweis auf ein mögliches Einbruchrisiko.

Doch dieses Argument hält einer näheren Betrachtung nicht stand: Seit seiner Fertigstellung vor rund 60 Jahren zeigt der Warndstollen keinerlei Anzeichen von Instabilität oder Setzungen. Die massive und sorgfältige Ausführung des Stollens hat sich über Jahrzehnte bewährt.*)

Eine Verfüllung ist nicht nur geotechnisch unnötig, sondern auch kulturhistorisch fatal. Der Stollen bietet Potenzial für eine museale oder dokumentarische Nutzung und könnte als authentischer Ort bergbaulicher Geschichte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Statt ihn zu beseitigen, hätte man  über eine denkmalgerechte Sicherung und Erhaltung nachdenken sollen. 

Der Warndstollen ist mehr als nur ein Hohlraum unter Tage – er ist ein sichtbares Symbol für eine Ära, die das Saarland nachhaltig geprägt hat. Ihn zu erhalten, wäre ein guter Beitrag zur Erinnerungskultur für die kommenden Generationen gewesen. Das aber hätte ein massives Aufbegehren der Bevölkerung vorausgesetzt. Die Bevölkerung schwieg leider. Wie (fast) immer in solchen Fragen. 

Bergleute beim Rundbogenausbau im Warndtstollen Anfang 1965, Foto: Youtube-Screenshot

die Geschichte der Grube Warndt

Von 1963 bis 2005 wurden auf der Schachtanlage in 1160 Metern Teufe jedes Jahr rd. 5 bis 7 Mio. Tonnen Fett-und Gasflammkohle abgebaut. Auf der Schachtanlage waren bis zu 3000 Mitarbeiter angelegt gewesen. 1964 wurde die Verbundstrecke Warndt – St. Charles aufgefahren. 1981 wurde ein weiterer Stollen aufgefahren, der mit einer Länge von 2550 m bis zum Schacht Ludweiler führte. Am 18.7.1994 erfolgte der Durchschlag der Verbundstrecke Warndt/Luisenthal. . 2004 wurden die Bergwerke Grube Warndt und Grube Luisenthal zum Bergwerk Saar zusammengelegt. In den 42 Jahren des Betriebs wurden rd. 200 Mio. T Kohle gefördert. 90 Mio T Kohle verblieben nach dem Betriebsende am 17.06.2005 unverritzt in der Grube.    

die konkrete Trauerarbeit

Anfang Juni informierte die RAG die Bürgerinnen und Bürger in Großrosseln über die bevorstehende Verfüllung des rd. 5 km langen Warndtstollens sowie des abzweigenden Stollens zur ehemaligen Tagesanlage Ludweiler. Die Arbeiten sollen Ende 2028 abgeschlossen werden.  Danach wird die Fläche aus der Bergaufsicht entlassen. 

Die Verfüllungspläne  wurden von der RAG bereits in 2012 in Angriff genommen. Material und Gerätschaften fahren über den noch offenen Schachteingang auf der Tagesanlage St. Charles ein. Fünf bis sechs LKW´s werden täglich den Baustoff herankarren. 

Den Auftrag zur Umsetzung der Trauerarbeit hat die Fa. Saar-Montan Berg-und Tunnelbau GmbH & Co.KG erhalten.   

50.000 Kubikmeter zugelassener Baustoffe werden benötigt, um den Warndt-Stollen zu verfüllen, Symbolgrafik: KI generiert
Restanlage des Grubenstandortes St. Charles in Großrosseln, Foto: Youtube-Screenshot

Quellenhinweise: 

RAG-Pressemitteilung vom 06.06.2025; Saarbrücker-Zeitung vom 24.02.2019 und 17.06.2025; SR.de vom 05.06.2025 Baulig, Josef: Denkmäler des Steinkohlenbergbaus im Saarland, Min.f.Umwelt, Energie und Verkehr, Landesdenkmalamt (Hrsg.), Saarland 2006; *) Kastner, Richard: Standsicherheit von Altbergwerken, TU Bergakademie Freiberg, Freiberg 2001; derslb.: Altbauten – bewerten – beurteilen, 2. Auflg, Stuttgart 2004; Lux, Karl-Heinz/ Rokahr, R.: Zur Einbeziehung des Faktors Zeit beim Entwurf von Hohlraumbauten, in: RWTH-Festschrift, Heidelberg 1988 sowie RK-Redaktion vom 14.07.2025

Fotonachweise: 

Header: Hintergrund: Warndstollenausbu: Youtube-Screenshot; Landkarte: Landschaftsverband Saarland; Gestaltung: Revierkohle; unten links: Schachtverfüllung: Youtube-Screenshot; ganz unten links: Grube Warndt: Youtube-Screenshot; unten rechts: KI-generiert  

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Warndstollen wird verfüllt
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Warndstollen wird verfüllt
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Berufsverband Revierkohle e.V.
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