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Bahnfahren ist Klimaschutz ! Tatsächlich ?

die falsche Mär vom Öko-Champion

Seit 10 Jahren fahren nach Angaben der Deutschen Bahn die S-Bahn-Züge in Hamburg mit 100 % Öko-Strom. Ver-kehrssenator Anjes Tjarks (Grüne!) ent-hüllte anlässlich des Jubiläums an der S-Bahn-Haltestelle Hammerbrooklyn-Campus eine digitale C02-Uhr.

Damit soll den Reisenden deutlich gemacht werden: seht her: mehr grün geht nicht ! Wir haben da mal nachgehakt.  

Tatsächlich kommt der Strom für die Hamburger S-Bahn seit dem 1.1. 2010 aus 11 Wasserkraftwerken mit einer Leistung von zusammen 471 Megawatt.  Die bahn-eigene Tochter DB-Energie GmbH mit Sitz in Frankfurt unterhält in Reichenhall und Kammerl sogar zwei eigene Wasserkraft-werke. Ansonsten wird der Strom aber von E.ON, RWE und der österreichischen Ver-bund AG bezogen. Der TÜV-Süd zertifi-ziert seit 2010, dass es sich tatsächlich nur um Strom aus Wasserkraftwerken handelt.

Was es mit der Zertifizierung so auf sich hat und wo die Haken sind, hatten wir bereit in unseren Redaktionsbeiträgen vom 1.7. 2017 (siehe> hier) und vom 15.08.2020 (siehe > hier) deutlich gemacht.    

Ferner behauptet die Bahn, dass ihre ICE-Züge sowie der Strom in 15 Bahn-höfen ebenfalls zu 100 % aus Ökostrom stammen. Das stimmt. Allerdings muß man wissen, das der Fernverkehr die kleinste Sparte im DB-Konzern darstellt und das die Bahn 5.600 Bahnhöfe unterhält.

Zur ganzen Wahrheit gehört eben auch, dass die Bahn Miteigentümer des AKW Neckarwestheim 2 ist und zu 55 % ihren Strom aus 4 Kohlekraftwerken und 3 fossilen Gaskraftwerken mit einer Ge-samtleistung von 4320 Megawatt be-zieht.  

Darunter das hochmoderne Uniper-Steinkohlekraftwerk Datteln 4, welches in der Lage ist, ausschließlich Bahn-strom auf  Gleichstrombasis mit einer Frequenz von 16,7 Hz über Umformer und Umrichter  mit einer Leistung von 413 Megawatt bereitzustellen. Lediglich 30 Megatt-Leistung werden aus einem Windpark in Märkisch-Linden (gelegent-lich) bereitgestellt.

Wir halten das für vernünftig, weil es keinen Sinn macht, in Zukunft aus-schließlich auf Ökostrom  setzen zu wollen. Denn dann würde die Bahn wegen des volativen Stroms nur noch gelegentlich fahren oder sie müßte wieder verstärkt Dieselloks einsetzen. 

Das normale Wechselstromnetz mit einer Spannung von 50 Hz kann Bahn-strom nicht liefern, da das 7.700 km lange Bahntromnetz auf der Basis von 110 Kv arbeitet.

Wenn man den gesamten Stromver-brauch aller 20.000 Züge der Bahn zu-sammenzählt, dann kommt man auf einen Verbrauch von rd. 27,5 Terrawatt-stunden pro Jahr.

Das sind mehr als 5 % des Stromver-brauchs für ganz Deutschland. (512 Terrawatt in 2019) Insoweit relativiert sich der Wasserstromanteil für die Hamburger S-Bahn in Höhe von 471 Megawatt pro Jahr ganz schnell.     

hochrechnen kann jeder, auch die Bahn. Quelle: DB- integrierter Bericht, Frankfurt 2019

Und noch ein relativierender Hinweis:

Ein ICE der Baureihe 3 verbraucht bei der Stromaufnahme rd. 5 Megawatt. 1 Megawatt werden für die Rückspeisung benötigt. Bei einer Durchschnittsge-schwindigkeit von 170 km/h und 220 Reisenden (=48 % Auslastung) ver-braucht ein ICE 3 10,7 kWh auf 100 Streckenkilometer. 40 % entfallen auf die Überwindung des Luftwiderstandes. Bei 300 km/h sind es bereits 80 % der aufzuwendenden Energie. (Kuhne 2015 s.u.)  

Mal abgesehen davon, dass wir C02 für ein überlebenswichtiges Spurengas halten und dieses wiederum wenig Einfluss auf die Klimaerwärmung hat ( jedenfalls konnte bisher wissenschaftlich  nicht nachgewiesen, dass der Mensch allein  schuld sein soll) und von daher gesehen Reduzierungsstrategien keinen großen Sinn machen, ist das Öko-Versprechen der staatseigenen Bahn eher propagandi-stisch zu sehen, da nur 60 % der Strecken bisher elektrifziert sind.

Und das Ökoversprechen gilt auch nicht für den Güter-und Nahverkehr und für die zahlreichen sonstigen Liegenschaften ein-schließlich der bahneigenen Schenker-Spedition.  

Einstweilen bleibt die grüne Mär vom Ökostrom der Bahn daher nichts weiter als eine große Show.

Und wenn die Bahn zusammen mit der Bundesregierung bis 2038 es tatsächlich schaffen sollte, alle Bereiche mit 100 % Ökostrom zu versorgen, dann werden sich zwei brennende Fragen erneut stellen: wie soll die Grundlast ohne Bahnstromkraft-werke  sichergestellt werden ? Und wie wird sich das auf die Pünktlichkeit sowie auf die Tarifpolitik auswirken?  Wir sind gespannt.

Bis dahin: gute Fahrt! 

100 % Öko

jetzt stimmt´s,oder ?

ehrlich !

Quellenhinweise:

Hamburger Abendblatt vom 27.11.2020; S-Bahn 4.de, Fahrgastinformation der DB Energie GmbH vom 28.11.2017; S-Bahn-Aktuell vom 08.12.2019, Hildesheimer Presse vom 11.10.2019; Energieexperten. org vom 05.02.2012; Stern vom 12.09. 2019; Horizont.net vom 25.09.2020; Kupf-erinstitut.de vom 09.02. 2020; Gruen. Deutschebahn.com: Wasserkraft ist unser Zugpferd, (Hauspostille Nr. 16 vom Nov. 2020; Inside-Bahn.de vom 13.11.2019; Kuhne, Manfred: Energieverbrauch von Bahn und Flugzeug, in: airliners.de vom 22.09. 2015; Integrierter Bericht, Deutsche Bahn (Hrsg.) Frankfurt 2019; Welt vom 04.12.2009 und 11.09.2019; Frankfurter Rundschau vom 2.4.2018; Deutsche Welle vom 27.11.2020; DB Energie GmbH, wikipedia; Der Spiegel vom 19.11.2020 sowie RK-Redaktion vom 11.12.2020 

Fotonachweise:

Header: Holzijue, pixabay.com. Collage: Revierkohle; links darunter: Oliver Heim, pixabay.com. Collage: Revierkohle; ganz unten: Thomas B., pixabay.com, Freistell-ung: Revierkohle

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