In der Altmark, einer Region in Nord-Sachsen-Anhalt, könnte sich derzeit ein richtiger Schatz unter der Erde verbergen – zumindest nach Angaben von Neptune Energy, einem Energieunternehmen, das dort schon seit 1969 Erdgas fördert. Aktuelle Studien zeigen: In den Tiefen lagern schätzungsweise 43 Millionen Tonnen Lithiumkarbonat-Äquivalent (LCE).
Diese Zahl macht das Vorkommen zu einem der größten projektbezogenen Lithium-Vorkommen weltweit. Nun wird in der Bevölkerung diskutiert, ob Lithium dort gefördert werden soll – und genau das ist umstritten.
LITHIUM-SCHATZ IN DER ALTMARK Chance oder Risiko ?
Lithium gilt als einer der wichtigsten Rohstoffe für die Energiewende. Ohne Lithium keine Batterien für Elektroautos, keine Energiespeicher, keine Akkutechnologie. Ein deutscher Lithiumfund könnte daher enorme Vorteile haben, sofern man die E-Mobilität überhaupt als Vorteil betrachtet. Insbesondere die Abhängigkeit von China, das heute sowohl bei der Rohstoffaufbereitung als auch bei der Batterieproduktion eine dominierende Rolle einnimmt, könnte durch heimische Förderung zumindest teilweise reduziert werden. Eine stabile inländische Versorgung wäre ein bedeutender wirtschaftlicher und strategischer Vorteil. Studien gehen zudem davon aus, dass ein solches Projekt Milliarden an Wertschöpfung erzeugen und viele neue Arbeitsplätze schaffen könnte.
Neptune Energy plant nicht, das Lithium im Tagebau zu gewinnen. Stattdessen soll es aus dem heißen Tiefenwasser extrahiert werden, das bei der Erdgassuche schon lange bekannt ist. Bei diesem Verfahren wird das Wasser an die Oberfläche gepumpt, das Lithium herausgefiltert und das gereinigte Wasser anschließend wieder zurück in die Tiefe geleitet. Im Vergleich zu offenen Minen oder riesigen Verdunstungsbecken wirkt dieses Verfahren deutlich umweltfreundlicher und könnte Landschaft und Natur schonen. Die Betonung liegt allerdings auf „könnte.“ In der Vergangenheit hatten wir uns mit der Lithium-Gewinnung und deren katastrophalen Umweltauswirkungen einschließlich der miserablen Arbeitsbedingungen in den wasserarmen Ländern Bolivien und Kolumbien ausführlich beschäftigt. Das würde in Deutschland wahrscheinlich anders laufen. Aber das die Gewinnung ohne Umweltbelastungen möglich ist, halten wir eher für unwahrscheinlich. Zumal mit dem Lithium angeblich auch das Klima gerettet werden soll. Was noch unwahrscheinlich ist.
Anwohner und Umweltschützer fürchten, dass bei der Lithiumgewinnung Chemikalien ins Grundwasser gelangen könnten oder dass beim Rückführen des Wassers in die Tiefe geologische Risiken entstehen. Hinzu kommt, dass der Bau von Anlagen, Pipelines und Bohrstellen das Landschaftsbild der Altmark spürbar verändern würde. Aus diesen Gründen formiert sich in der Region zunehmender Widerstand, und viele fordern mehr Transparenz und unabhängige Umweltprüfungen, bevor überhaupt an eine industrielle Förderung zu denken ist.
Die wirtschaftliche Zukunft des Projekts ist ebenfalls nicht gesichert. Die angegebenen 43 Millionen Tonnen sind zunächst nur eine Ressource und noch keine nachgewiesene Reserve. Ob sich die Förderung tatsächlich lohnt, hängt von technischen Erfolgen in den Pilotanlagen, von Genehmigungen, vom Weltmarktpreis für Lithium und von politischen Rahmenbedingungen ab. Auch wenn das Vorkommen riesig erscheint, ist noch offen, wie viel davon tatsächlich wirtschaftlich gewinnbar wäre.
Ein weiterer kritischer Punkt betrifft die Elektroautos selbst. Ein einziges Elektrofahrzeug benötigt je nach Batterietyp zwischen fünf und fünfzehn Kilogramm Lithium. Hinzu kommen Graphit, Nickel, Kobalt und weitere seltene oder schwer zugängliche Rohstoffe. Selbst wenn Deutschland künftig einen Teil seines Lithiums selbst fördern könnte, bleiben also weiterhin erhebliche Abhängigkeiten von anderen Ländern bestehen. Die vollständige Unabhängigkeit ist deshalb trotz des Altmark-Funds nicht realistisch, auch weil die Verarbeitung und Batterieproduktion noch stark im Ausland konzentriert ist.
Axel Wenke von der Firma Neptun Energy erklärte in einem Interview, das sein Unternehmen über ausreichende Kenntnisse über die geologischen Verhältnisse verfügen würde und das man auch das technische Know-how hätte, um das Lithium umweltschonend zu fördern. Auch im Erzgebirge und im Oberrheingraben würde man Pilotanlagen betreiben, um nach Lithium zu suchen.
Am Ende steht ein ambivalentes Bild. Die Altmark könnte zu einem Schlüsselgebiet der europäischen Energiewende werden. Der regionale Fund bietet die Chance, wirtschaftliche Impulse zu setzen und sich unabhängiger von geopolitisch sensiblen Lieferketten zu machen. Gleichzeitig sind viele Fragen offen, die Umwelt und Akzeptanz betreffen. Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, ob die Lithiumförderung in der Altmark Realität wird – oder ein großes, aber unerfülltes Versprechen bleibt.
Soweit sich zwischenzeitlich das Thema Klimarettung und E-Mobilität von selbst erledigen sollte, weil beide Projekte nur durch Dauersubventionen am Leben erhalten werden, hätte sich dann auch das Thema Lithiumförderung wahrscheinlich erledigt. Jedenfalls in dieser Größenordnung. Und für die Handyherstellung wird man hoffentlich bald eine Alternative finden.
Glückauf !
Quellenhinweise:
t3n.de vom 31.10.2025; MDR.de vom 28.09.2025; energiezukunft.eu vom 03.11.2025; Landeszeitung.de vom 18.10.2025; Berliner-Zeitung.de vom 14.11.2025; Focus.de vom 29.09.2025; Neptunenergy.de vom 24.09.2025 sowie RK-Redaktion vom 15.11.2025
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