Im Okt. 2025 kamen rund 40 Mitarbeiter der RAG zusammen und erprobten im sog. Digital-Campus auf Zollverein in Essen die Erstellung von KI-Agenten. Das Ziel war, den Einsatz von KI-Agenten im Unternehmen mit Hilfe des Copiloten von Microsoft sowie eines KI-Tools von der Firma Amber in realen Arbeitsumgebungen zu erproben.
Diverse Anwendungsfälle wurden auf der Grundlage des eingerichten Promptathons interdisziplinär erkundet und im Plenum unter den kritischen Augen einer Fachjury präsentiert. Wohin das ganze führen soll, wurde den Teilnehmern in positivsten Redewendungen verkauft. Über die Auswirkungen in der Arbeitswelt und auf die einzelnen Arbeitsplätze wurde dagegen wenig diskutiert.
Schließlich geht es um das allseits beliebte marktwirtschaftliche Mantra “ Kostenreduzierung“ und „Wettbewerbsfähigkeit.“ Und natürlich möchte auch die RAG in Zukunft an kollaborativen Formaten ordentlich was verdienen. Bevor wir diesen Aspekt kritisch vertiefen, wollen wir Ihnen noch ein paar neuartige Begriffe erläutern. Die RAG hatte zu einem „Promptathon“ geladen. Was ist das eigentlich ?
Ein Promptathon ist ein zeitlich begrenztes, meist internes oder öffentliches Event (ähnlich einem Hackathon), in dem Teilnehmende in Teams mit generativen KI-Tools arbeiten, um konkrete Problemstellungen zu lösen. Anders als in sog. Hackathons, wo junge PC-Nerds in durchgehenden Tag-und Nachtphasen vor Ihren Kisten schwitzen und neue Programme kreieren, wird beim Prompthathon nur mit den zur Verfügung gestellten KI-Modellen experimentiert.
Prompts werden iterativ entwickelt, getestet und verfeinert, Prototypen oder Workflows entstehen in kurzer Zeit. Unternehmen nutzen solche Formate, um Mitarbeitende mit der KI vertraut zu machen, Use-Cases zu identifizieren und prototypisch Prozesse zu automatisieren. Die RAG hat einen eigenen Promptathon veranstaltet und diesen als Instrument zur praxisnahen KI-Erprobung kommuniziert.
Beschleunigung der KI-Einführung die Folgen für Wirtschaft und Verwaltung
Schnelle Identifikation von Automatisierungspotenzialen: In kompakten Sessions wurden Routineaufgaben auf ihre Eignung für Prompt-/RAG-Lösungen geprüft.
Niedrigschwellige Innovationskultur: Mitarbeitende ohne tiefe Programmierkenntnisse lernen Dialogdesign und Prompt-Engineering, wodurch Wissensbarrieren sinken. (positiv formuliert)
Schnellere Prototyp-zu-Produkt-Pfade: Ergebnisse aus Promptathons lassen sich oft direkt in Proof-of-Concepts überführen — insbesondere wenn Unternehmen schon an Copilot-Stacks arbeiten. Hackathon-/RAG-Events zeigen diese Rapid-Iteration-Effekte regelmäßig. Klingt doch cool, oder ?
Diese Faktoren zusammen bedeuten: Unternehmen und Verwaltungen können noch schneller, kostengünstiger und mit geringerem technischem Ramp-up KI-Lösungen in Routineprozesse integrieren.
unsere Handlungsempfehlungen
vor der flächendeckenden Einführung von KI in immer schnelleren Zeitabständen sollten großangelegte Qualifizierungs-Programme durchgeführt werden
Staat, Gewerkschaften und Arbeitgeber müssen gemeinsam Bildungsnetzwerke aufbauen (lebenslanges Lernen, speziell für mittlere Verwaltungsaufgaben).
Arbeitszeitpolitik nutzen: Produktivitätsgewinne sollten an die Beschäftigten zurückgegeben werden (Arbeitszeitverkürzung statt Entlassungen).
Sozialer Schutz & Übergangsleistungen: Kurzarbeitsmodelle, Übergangsbezüge und garantierte Umschulungsplätze minimieren soziale Härten. Das gilt jedoch nur für die aktuell Betroffenen. Eine langfristig wirksame Strategie für die Gesamtgesellschaft ist das nicht.
Betriebliche Mitbestimmung stärken: Betriebsräte müssen Einführungsprozesse begleiten; Promptathons sollten Teil eines transparenten Beteiligungsprozesses sein, nicht Vorwand für heimliche Rationalisierungen.
Rechtliche Leitplanken: Klare Regeln zur Haftung, Transparenz von KI-Entscheidungen und Datenschutz in der Verwaltung. Hier ist noch vieles im Argen und nicht geregelt. Vor allem gibt es bisher kein Konzept, wer die Auswirkungen überwachen und sanktionieren soll.
Öffentliche vs. private Verantwortung abgrenzen: Nicht alle Prozesse sollten rein nach Effizienzkriterien automatisiert werden — demokratisch sensible Bereiche benötigen menschliche Kontrolle.
Monitoring & Impact-Assessments: Vor der großflächigen Einführung müßte eine gesetzliche Pflicht zur Folgenabschätzungen für alle Beschäftigten ausführlich dargelegt werden. Die Unternehmen müßten gezwungen werden, Alternativen zur Freisetzung oder De-Qualifizierung verbindlich zu entwickeln und umzusetzen. Denn der Staat kann nicht weitere Millionen von Arbeitslosen dauernd subventionieren.
Das alles haben wir uns nicht allein ausgedacht. Diese Forderungen stellte der DGB bereits Anfang der 80er Jahre. Da die KI-Problematik bisher nur in Fachkreisen und späten Abendsendungen diskutiert wird, muß das Thema unserer Ansicht nach in den nächsten Jahren verstärkt in die öffentliche Diskussion rücken. Hier wird auch der Gesetzgeber stärker in die Verantwortung genommen werden müssen.
Glückauf !
Konkrete Beschäftigungspolitische Konsequenzen des KI-Einsatzes, soweit keine intensivere Technologiefolgenabschätzung stattfindet
Substitution repetitiver Verwaltungsaufgaben: Standardisierte Schreib-, Recherche- und Dokumentationsaufgaben (z. B. Aktenrecherche, Formularbearbeitung, erste Bescheid-Entwürfe) sind besonders gefährdet. Prompt-Workflows können diese Aufgaben deutlich beschleunigen oder ganz übernehmen.
Umverteilung der Arbeit hin zu Überwachungs-, Qualitäts- und Eskalationsaufgaben: Einige Menschen bleiben nötig für die Kontrolle, Kontextualisierung, rechtliche Verantwortung und den Umgang mit Ausnahmen. Der Anteil anspruchsvollerer Koordinations- und Bewertungsaufgaben steigt.
Beschleunigte Prozessverdichtung und Personalabbaudruck Wenn Unternehmen Einsparpotenziale konkret messen (z. B. Zeitersparnis pro Vorgang), steigt der ökonomische Druck, Personal zu reduzieren oder nicht nachzubesetzen. Promptathons machen solche Zahlen schneller verfügbar — und damit Personalentscheidungen unmittelbarer.
Die breite Automatisierung in Verwaltungen kann zu flächendeckenden Stellenstreichungen, besonders bei mittleren und niedrig qualifizierten Verwaltungsaufgaben führen.
Die Beschäftigungsquoten in verwaltungsnahen Bereichen sinken und der Arbeitsmarkt drückt die Löhne in den betroffenen Sektoren.
Soziale Folgen: regionale Ungleichheit (Strukturstarke Regionen absorbieren Umstellungen besser), Anstieg prekärer Beschäftigung. Das Ruhrgebiet ist geradezu prädestiniert für diese unheilvolle Entwicklung, da die Region schon seit Jahrzehnten zu den strukturschwachen Regionen zählt.
3) Dualisierungs-Szenario
Gut qualifizierte Experten/innen (KI-Manager, Data-Stewards, Legal-Ops) gewinnen an Wert; Routinekräfte verlieren.
Einkommensungleichheit und politische Spannungen nehmen zu — der Druck auf die sozialen Sicherungssysteme wächst.
Quellenhinweise:
RAG-Pressemitteilung vom 14.10.2025; N.N.: Künstliche Intelligenz – für gute Arbeit, DGB-Konzeptpapier, März 2022; developer.ibm.com vom 22.05.2025; it-futures.at vom 03.102.2025; bsi.bund.de, o.J.; it-daily.net vom 09.08.2025; fraunhofer.de vom 18.10.2025 (KI-Seminar); landtag.nrw.de vom 11.09.2025 sowie RK-Redaktion vom 15.11.2025
Fotonachweise:
Header: Hintergrund: pixabay.com; Vordergrund: stockdreams.ai (Menschen) Zollverein: pixabay.com, Gestaltung und Freistellung: Revierkohle; links darunter: stockdreams.ai; ganz unten links: pixabay.com