neue Gesamtschule in Gelsenkirchen-Bismarck
Als nach 128 Jahren der Förderung 1993 die Lichter auf der Zeche Consolidation 3/4/9 endgültig ausgingen und bis Ende der 90er Jahre auch die Schächte 1/6 und 2/6 endgültig verfüllt und niedergelegt wurden, da herrschte in der seit Jahrzehnten strukturgebeutelten Stadt Gelsenkirchen, Wut, Trauer und Enttäuschung. Nach dem die letzten Bergleute (von einst rd. 5.800 Mann, die rd. 3,2 Mio. Tonnen Kohle jährlich förderten) auf andere Schachtanlagen verlegt wurden, da breitete sich auf dem ehem. Zechengelände Vandalismus und Tristesse aus.
Unserem ehem. und mittlerweile verstorbenem Mitglied, Karl-Heinz Dyla ist es zu verdanken, das die Tagesanlage mit dem markanten Doppelförderstrebengerüst über Schacht 9 und dem ebenso markanten Betonförderturm über Schacht 4 nebst Grubenlüfter und Maschinenhallen nicht dem Abrissbagger zum Opfer fielen, wie so viele andere altehrwürdige Zechen im Revier.
Anfang der 2000er Jahre fing die RAG-Immobilien GmbH an, das Gelände zu rekultivieren und zum Teil an Investoren zu veräußern. Aus der Grubenlüfterhalle nebst Betriebsgebäude wurde das privat betriebene Consol-Theater für benachteiligte Kinder und Jugendliche, die Maschinenhallen wurden saniert und es zog die Werner-Thiel-Gedächtnisammlung ein. Einmal im Monat ist Tag der offenen Tür und es finden auf dem Gelände zahlreiche Sportveranstaltungen statt.
Außerdem wurden auf dem Gelände zwei neue Supermärkte gebaut. Die Beschäftigungseffekte sind marginal bzw. fast nicht vorhanden. Gemessen an den aktiven Bergbauzeiten.
Nun hat sich die RAG als ehemaliger Bergbaubetreiber aber an ihr eigenens Versprechen erinnert, nämlich auch in der Nachbergbauzeit Verantwortung für die ehemaligen Mitarbeiter als auch für die Region und ihre Zukunft zu übernehmen.
Jüngstes Beispiel: An der Consolstrasse in Gelsenkirchen-Bismarck will die RAG zusammmen mit dem Projektentwickler Kruse GmbH eine neue Gesamtschule am strukturschwachen Standort bauen.
die neue RAG-Zentrale
auf der ehemaligen Zeche Zollverein XII in Essen-Karnap. Dort residiert auch die Tochter RAG-Montan-Immobilien GmbH
Zeche Consolidation, Schacht 9
hier mit der mittlerweile abgerissenen Wagenumlaufhalle, die man jahrelang sich selbst überlassen hatte.
Baumaschinen rücken auf Consol an
Am Freitag, den 27.06.2025 erfolgte der offizielle Spatenstsich für das Sekundargebäude an der Consolstrasse
neue Gesamtschule soll 2029/2030 in Betrieb gehen
Die ehemalige Ruhrkohle AG (heute nur noch „RAG“ genannt) plant gemeinsam mit der Kruse GmbH ein bedeutendes Bildungsprojekt im Herzen des Ruhrgebiets: Auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Consolidation in Gelsenkirchen-Bismarck soll bis Ende 2029 eine neue Gesamtschule entstehen – für rund 125 Millionen Euro. Dieses Vorhaben markiert einen bemerkenswerten Schritt für das Unternehmen, das seit dem Ende des aktiven Steinkohlebergbaus seinen Fokus hauptsächlich auf die Folgenutzung ehemaliger Bergwerksflächen sowie auf die Grubenwasserhaltung legt.
Das rund 10 Hektar große Areal an der Consolstraße gehört zu den Flächen des Nachbergbaus, die normalerweise durch die RAG-Stiftung zur Vermarktung an Dritte freigegeben werden.
In diesem Fall jedoch hat sich die Stiftung bewusst gegen einen Verkauf an Investoren und stattdessen für eine gemeinwohlorientierte Nutzung entschieden. Wir denken, das das ein deutliches Zeichen für die soziale Verantwortung, die die RAG für die Region weiterhin übernimmt, ist.
Die neue Gesamtschule soll nicht nur modernste pädagogische Standards erfüllen, sondern auch ein Symbol des Wandels sein: von der industriellen Vergangenheit hin zu einer zukunftsorientierten Bildungslandschaft.
Das hört sich hochtrabend an und ist es sicherlich auch. Denn auf fast allen ehemaligen Bergbauflächen sind keine neuen Massenarbeitsplätze entstanden. Und schon gar keine, die lohntechnisch mit den Bergarbeitergehältern mithalten könnte. Ergo ist überall die Nachfrage eingebrochen. Nicht umsonst steht Gelsenkirchen an letzter Stelle aller Städte in Deutschland. Schuld daran ist nicht die RAG, sondern die Politik. Sie wollte den Auslauf des Bergbaus und hat nicht auf uns gehört. Das ist nun die Quittung, unter der die Bevölkerung zu leiden hat. Ein neue Schule wird daran wenig ändern.
Aber es ist zumindestens eine Chance für die Kinder, später eine bessere Zukunft zu suchen und hoffentlich auch zu finden.
Die Entscheidung, auf dem historischen Zechengelände zu bauen, ist dabei keineswegs zufällig. Die RAG sieht das Projekt als Teil eines umfassenden Transformationsprozesses, in dem die Flächen des Nachbergbaus nachhaltig und im Sinne der Menschen vor Ort weiterentwickelt werden sollen.
Verantwortung über das Ende des Bergbaus hinaus
Mit dem Ende des deutschen Steinkohlebergbaus im Jahr 2018 hat die RAG eine neue Rolle eingenommen – nicht mehr als aktiver Förderer von Kohle, sondern als Verwalterin der bergbaulichen Hinterlassenschaften. Dazu gehört die sogenannte Ewigkeitsaufgabe: die Sicherung und Bewältigung der bergbaubedingten Langzeitfolgen.
Doch die RAG hat sich selbst darüber hinaus verpflichtet, auch gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen – insbesondere in den ehemaligen Bergbauregionen.
Die Entscheidung, das Gelände nicht meistbietend zu verkaufen, sondern für ein öffentliches Bildungsprojekt bereitzustellen, unterstreicht dieses Selbstverständnis. Es geht um mehr als Flächenmanagement – es geht um Zukunftsperspektiven für die Region.
Städtebaulicher Impuls für Gelsenkirchen-Bismarck
Für Gelsenkirchen und insbesondere den Stadtteil Bismarck bedeutet das Projekt einen wichtigen städtebaulichen Impuls. Die neue Gesamtschule soll nicht nur moderne Lernräume bieten, sondern auch als kultureller und sozialer Ankerpunkt im Quartier wirken. Dass ist insofern notwendig, als die die Stadt Gelsenkirchen so gut wie pleite ist und im Stadtteil ein sehr hoher Migrantenanteil vorherrscht.
Durch die Einbindung der Kruse GmbH als erfahrenen Projektentwickler ist sichergestellt, dass die Planung und Umsetzung des Bauvorhabens sowohl professionell als auch im Dialog mit der Stadtgesellschaft erfolgt.
Ein starkes Signal
Die Kooperation zwischen RAG, RAG-Stiftung und Kruse GmbH sendet ein starkes Signal: Der Strukturwandel im Ruhrgebiet ist mehr als nur wirtschaftliche Anpassung – er kann auch eine Chance sein, Bildungsangebote, Lebensqualität und soziale Teilhabe in den Mittelpunkt zu stellen. Dass ein ehemaliger Bergbaukonzern wie die RAG dabei vorangeht, zeigt: Verantwortung endet nicht mit der letzten Kohleförderung – sie beginnt dort neu, wo Zukunft gestaltet wird.
Verantwortlich für den Bau von Schulen und für die Bildung ist und bleibt allerdings die Politik.
Quellenhinweise:
WAZ vom 02.07.2025; RAG-Pressemitteilung vom 01.07.2025; Radio-Emscher-Lippe.de vom 09.06.2022 sowie RK-Redaktion vom 14.07.2025
Fotonachweise:
Header: Hintergrundgrafik: pixabay.com; Zeche Consolidation: (+) Karl-Heinz Dyla, Revierkohle; Baugerät: pixabay.com; Freistellung Montage: Revierkohle; links darunter: Fördermaschine am Schacht 9: (+) Karl-Heinz Dyla; links darunter: oben: RAG-Zentrale in Essen; Youtube-Screenshot; darunter: Schacht 9 mit Wagenumlaufhalle und MaschH: (+) Karl-Heinz Dyla; darunter: Baugerätanlieferung: pixabay.com (Symbolbild)