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Die Lithium-Lücke und ihre Bedeutung für die E-Mobilität

Trotz schlechter Erfahrungen bei anderen Nahverkehrsunternehmen will der Hamburger Verkehrsverbund in Sachen Elektromobilität aufrüsten. Eine Meta-Studie der Helmut-Schmidt-Universität und der Bundeswehr-Uni kommt zu dem Ergebnis, das das Hamburger Stromnetz eine solche Umrüstung verträgt


E-Bus


Seit Sept. 2016 haben sowohl die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) und der Hamburger-Ver- kehrsverbund (HVV) viel Geld in die Hand genommen, um neue Elektro-Gelenkbusse, die mit Batteriekraft fahren, in Betrieb zu nehmen. Allein in den VHH-Be-triebsbahnhof Bergedorf flossen in 2016 600.000 EUR für eine neue Elektrobus-Infrastruktur und die gleiche Summe soll in die Modernisierung des Betriebshofs HH-Schenefeld fließen, der bisher nur für vier Elektro- busse zum nachladen gerüstet war. Eine Meta- Studie der Helmut-Schmidt-Universität und der Universität der Bundeswehr kommen im Auftrag von VHH, Hoch- bahn Hamburg und Stromnetz Hamburg zu dem Er- gebnis, das das Hamburger Stromnetz für die Um- rüstung der Busse auf Batteriebetrieb gerüstet sei. In drei Umspannwerken könnte die zulässige Spitzen- last bis 2030 überschritten werden. Das aber nur bei ungesteuertem Ladevorgang. Ein smartes Lademana- gement sowie ein optimiertes Betriebsleitsystem incl. optimiertem Fahrverhalten durch die Busfahrer kann die benötigte Anschlussleistung für alle E-Busse durchaus reduzieren, so das Ergebnis der Studie.  Der Gesamtenergiebedarf aller Busbetriebshöfe der Hamburger Hochbahn beläuft sich auf rd. 132 Giga- wattstunden pro Jahr. Bis 2030 sollen rd. 1.600 E-Busse neu in Betrieb genommen werden. Wir wollen nicht in Frage stellen, ob das 10kV Mittelspann-ungsnetz für diese Umrüstung ausreicht, denn wir gehen davon aus, das die konventionell arbeitenden Grundlastkraftwerke auch in Zukunft für die  not- wendige Spannungsstabilität sorgen werden. Uns  interessiert mehr das Problem der Lithium-Gewinnung für die Batterien, da in Zukunft mit grösseren Bedarfslücken zu rechnen ist. Außerdem glauben wir, das der HVV das Ladeproblem unter-schätzt.

Elektrogelenkbus VHH

ein neuer 18 Meter langer VHH-Elektro-Gelenkbus des belgischen Herstellers Van Hool                     Foto: VHH

Quellenhinweise:

Der Spiegel vom 10.4.2017; Manager-Magazin vom 16.12.2015; Offenbacher Busfahrermagazin vom 24.3.2017; Züricher Tagesanzeiger vom 17.10.2016;  Kölnische Rundschau vom 18.01.2017; U. Langer: Kölner E-Busse haben Probleme bei Frost, in: Europäisches Institut für Klima und Energie vom 20.01. 2017; N.N.: Hamburger Stromnetz für den Ausbau der E-Mobilität gerüstet, in: Hamburg-News.de vom 27.3.2017; Detlef Schulz (Hrsg.): Metastudie Elektro- mobilität, Anforderungen an das Stromnetz durch E-Mobilität, insbesondere Elektrobusse in Hamburg, Hamburg vom 9.12.2016; Tagesspiegel (Berlin) vom 29.09.2015; Christian Hinkelmann (Hrsg.) : Nahverkehr Hamburg, Hamburg 2016; Schweriner Volkszeitung vom 01.06.2016, Focus vom 10.4.2017 sowie  Revierkohle-Redaktion vom 15.04.2017

Foto: oben: Scharfsinn86, fotolia-Kauf

Lithium, genauer: Lithiumkarbonat, gehört zu den Schlüsselrohstoffen der kommenden Jahrzehnte. Es handelt sich dabei um ein salzhaltiges Leichtmetall. Aus Lithiumkarbonat lassen sich Lithium-Batterien für Elektroautos herstellen. 2014 lag die weltweite Nach- frage  nach diesem knappen Rohstoff bei 183.000 Tonnen. Der Preis für eine Tonne Lithium liegt aktuell bei rd. 6.000 Dollar. Tendenz stark steigend. Dement-sprechen sind Lithium-Batterien sehr teuer. Die von den Berliner Verkehrsbetrieben eingekauften E-Busse sind mit rd. 700.000 EUR pro Fahrzeug doppelt so teuer wie ein Dieselfahrzeug. Außerdem sind die Batterien anfällig für Schäden aller Art. ( Ladevorgang, Wärme und Kälte etc.) Daher wurden die E-Busse von den Berliner Verkehrsbetrieben einstweilen wieder aus dem Verkehr gezogen. Die Praxistauglichkeit müssen auch die E-Busse der Schweriner Nahverkehrs betriebe erst noch unter Beweis stellen, da noch viel- erorts die benötigte Infrastruktur zum Aufladen der Batterien fehlen würde. Außerdem eignen sich die Busse für Überlandfahrten weniger, da die Reichweite der Batterien von 200 Kilometern begrenzt ist. Hinzu kommen die höheren Anschaffungspreise, was Aus- wirkungen auf den Ticketpreis haben wird, so Lothar Marzkeit, Prokurist der Schweriner Verkehrsbetriebe.  Diese Probleme haben die Hamburger Verkehrsbe-triebe durch den bereits an vielen Stellen vollzogenen Ausbau von Schnellladestationen mit geringeren Ent- fernungen zwar nicht, aber sie könnten bei entsprech- enden Wetterverhältnissen sehr viel schneller den gespeicherten Strom verlieren. Das jedenfalls haben die Kölner Verkehrsbetriebe erst jüngst erfahren dürfen. Die E-Bus-Flotte bekam kalte Füsse im Jan. 2017 und prompt klappte es mit dem Aufladen an den Endhaltestellen nicht mehr. Der Frost sorgte dafür, das die Kontakte der Ladestellen einfroren. Hinzu kommt, das im Winter mehr Licht verbraucht wird und die Heizungen im Bus im Dauereinsatz sind. Das er- zeugt einen enormen Energieverlust. Der Ladestatus darf außerdem die 60 % Marke nicht unterschreiten, weil dann die Lebenslaufzeit der Batterie verkürzt wird. Die Offenbacher Verkehrsbetriebe wollen ihre E-Busse daher nicht an Schnellladestationen an- schließen, sondern im vorgeheizten Depot über Nacht aufladen. Auch dort probiert man noch aus, wie man mit Belastungssituationen und Streckenlängen in Zu- kunft umgehen soll. In Zürich schaffen die E-Busse auch nur 150 bis 180 Kilometer Reichweite. Da ein Quartiersbus der Züricher Verkehrsbetriebe aber täglich bis zu 300 Kilometer zurücklegt, müssen die Testbusse zur Mittagszeit in die Garage zum fünf-bis sechsstündigen Aufladen. Dazwischen zuckelt der Dieselbus oder wahlweise auch der Oberleitungsbus durch die Stadt. Auch in Zürich kennt man das Lade-und Kälteproblem der Lithium-Batterien.

Sollten die  Verkehrsbetriebe mit Hilfe von Elektrobussen das Klima retten wollen, so können wir diesen schon heute versichern, das das nicht gelingen wird, weil man das Klima nicht beeinflussen kann. Es ist im übrigen auch nicht notwendig, weil keine Klimakatstrophe droht, die durch Menschenhand verursacht wird. Dafür drohen aber in Zukunft ungeahnte Preissteigerungen bei den Ticketpreisen, weil Lithium für die Herstellung von Batterien immer teurer werden dürfte. Dieses Problem hat der E-Autobauer Tesla Motors erst jüngst im Rahmen des Baus einer neuen Lithium-Gigafabrik erfahren dürfen. Anfang 2017 hat Tesla zusammen mit der Fa. Panasonic am Rande der Wüste von Nevada damit begonnen, eine Serienproduktion von Lithium-Batterie-zellen zu starten. Auch in Asien entstehen derzeit neue Batteriefabiken. Der Wettlauf um den knappen Rohstoff Lithium hat also begonnen. 500.000 Elektroautos will Tesla demnächst jährlich verkaufen. Das ist eine echte Konkurrenz auch für den öffentlichen Nahverkehr. Rund 70 % der Lithium-Vorkommen liegen in den struktur-schwachen und politisch instabilen südamerikanischen Ländern Chile, Argentinien und Bolivien, wo auch Billig-importkohle herkommt. Grössere Mengen von Lithium kann Tesla aufgrund der enormen Nachfrage und der Unerfahrenheit der Zuliefererfirmen derzeit nicht bekommen. Das ist ein Problem für den Autohersteller. Die Anwohner im bolivianischen Salar de Uyuno wiederum fürchten den Abbau von Lithium in der größten Salz- wüste der Welt durch die deutsche Firma K-UTEC Salt Technologies aus Thüringen.  Denn die Schönheit der Natur könnte durch den geplanten Abbau bald der Vergangenheit angehören. Das wäre für den bolivianischen Tourismus eine Katastrophe. Schon 2018 will K-UTEC AG 30.000 Tonnen Lithium pro Jahr fördern. In dem armen Land lassen sich aber nur höchstens 9 Mio. Tonnen Lithium gewinnen. Dafür muß die Umwelt enorm leiden. Denn die Produktion von Lithium ist nicht harmlos. Erst müssen einige Millionen Kubikmeter Lithium-Lösung aus den Salzseen in riesige Becken eingefüllt werden. In diesen verdunstet das Wasser. Anschließend wird aus der konzentrierten Lösung Lithium in mehreren weiteren Arbeitsschritten gewonnen. Man hofft auf Milliarden-profite. Das ist durchaus realistisch, weil die globalen Reserven an Lithiumsalzen bei nur 58 Mio. Tonnen liegen. Wirtschaftlich lassen sich davon allerdings nur rd. 35 Mio. Tonnen gewinnen. Mit anderen Worten: Lithium reicht nur für wenige Dekaden. Wenn alle Privatfahrzeuge auch noch auf Batteriebetrieb umgerüstet werden sollen, dann dürfte der Rohstoff noch schneller erschöpft sein. Aber mit solchen Problemen wird sich der Hamburger Verkehrsverbund wahrscheinlich nicht herumschlagen, denn ansonsten würde er ja eine andere Strategie verfolgen.

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